45RPM von Wolfgang Doebeling
DreiJahre nach ihrer fulminanten Debüt-45 „Crazy Fever“ läßt MARTI* BROM nun endlich die zweite folgen: „Don’t Stop“ und „Dirty Dog“ (Jet-Tone Records) sind ideale Vehikel für das impulsive, energiegeladene Persönchen mit der scharfen Stimme. „Stop“ rockt, „Dog“ swingt, und beide bleiben souverän unter der magischen Zwei-Minuten-Grenze. Marti hat vielleicht nicht das Stimmvolumen einer Brenda Lee, wohl aber deren Präsenz, und mit den texanischen Jet-Tone Boys eine brandheiße Band im Rücken. Bleibt nur zu hoffen, daß es nicht wieder drei Jahre dauert bis zur nächsten Single. 4,5
Eine neue Platte
von AL PERRY ist
immer ein Grund zur Freude, auch wenn das Original aus Tueson, Arizona einst mit The Cattle dem Chaos-Prinzip allzu offenherzig huldigte und ihm dabei die Songs zuweilen entglitten. Auf „Losin‘ Hand“ (Demolition Derby) hat er indes alles fest im Griff: Der Trash-Faktor ist adäquat niedrig, und zumindest die A-Seite ließe sich prächtig auf „Äetronuevo“ integrieren, jener sträflich unterbewerteten LP, die Perry unlängst mit Dan Stuart machte. 4,0
Die Multicoloured Shades mutierten in den letzten Jahren zu den VOODOO RANCERS, und wer sich an den runden, aber harmlosen Psych-Beat der Shades erinnert, wird seinen Ohren nicht trauen ob der akustischen Country-FoIk-Finessen auf der ersten Rangers-Scheibe, einer 7-inch-EP mit dem verpflichtenden Titel „Ramblin‘ Man“ (Discover). Selbst dem oft-gecoverten Titelsong aus der Feder von olle Hank himself lassen die Rangers Gerechtigkeit widerfahren, sicher nicht in der ultimativen Manier eines Del Shannon, aber doch sehr beeindruckend. Cool.4,0
Bevor GENE zur nächsten Offensive blasen, zieht das gern des Smiths-Epigonentums geziehene Quartett mit dem retrospektiven Album „To See The Lights“ eine Zwischenbilanz, die sich hören lassen kann. Gleichzeitig gibt es die erste Gene-45 „For The Dead“ (Costermonger), längst vergriffen, nochmal in der Originalversion sowie in einer geschliffeneren, jedoch kaum schwächeren Neuinterpretation. 4,0
Mit Gene neulich auf Tour waren CAST und HEAVY STEREO. Auch diese beiden Britpop-Hoffnungen haben neue Singles, wobei „Sandstorm“ (Polydor) von den Liverpudlians Cast mit seinem Wah-Wah-verzierten Merseybeat-Charme knapp vor Heavy Stereos „Chinese Burner“ (Creation) durchs Ziel geht, weil der TRex inspirierte Glitterglampop letzterer 45 aufgrund seiner repetitiven Natur gegen Ende leider leichte Ermüdungserscheinungen zeigt. Je 3,5
Bislang waren LUSH eher lasch, und so kommt ihr „Single Girl“ nun (4AD/RTD) wie ein Schock: herzhafte Gitarre, flottes Tempo und ein Song, der jedes Blondie-Album geschmückt hätte. Hört sich an, als hätten Lush gelernt, Adrenalin zu buchstabieren. 3,0
Überraschend gelungen ist auch das trefflich betitelte „Getting Better“ (Polydor) von SHED SEVEN, einer Band, die mehr durch lautes Winseln aufgefallen ist als durch aufregende Musik. Auch hier ist nicht alles stimmig, aber die Melodie trägt und die Band verzichtet auf jenen Gestus der Anbiederung, der in der Vergangenheit den Hörgenuß so nachhaltig trübte. 3,0
Die Idee, den California-Pop der Bangles mit Beach Boys-Harmonik zu veredeln, ist gut, doch bedürfen die BELLS OF THE BALL noch einiger Rehearsals. „Blue“ (Panda) beweist, daß learning by doing ofticht ausreicht. 2,0
Vom Schicksal gewiß nicht verwöhnt wird VICTORIA WILLIAMS, und möglicherweise ist es gerade der dialektische Widerspruch zwischen Krankheit und Dankbarkeit, zwischen Hoffen und Bangen, der dem Hörer einen Kloß in den Hals treibt, wenn sie nun „What A Wonderful World“ (Sol) anstimmt. Sweet Inspiration. 3,5