Baby Dee – Safe InsideThe Day :: Ein Transvestit mit Klavier und Harfe und wunderbaren Songs
Alle Antony & The Johnsons und Joanna-Newsom-Hasser, die eine echte Hasenpfote in der Hose und ein schneidiges Luftgitarrensolo dem Schönen, Spannenden und Uneindeutigen vorziehen (ich gebe zu, das ist jetzt etwas überspitzt formuliert), müssen jetzt ganz stark sein: Baby Dee nämlich ist ein Klavier und Harfe spielender Transvestit. Der Name der 53jährigen Transfrau schwirrt schon länger im Umfeld von Antony und Current 93 herum, und ihr „Love’s Small Song“ war Inspiration für Will Oldhams „God’s Small Song“ (auf Bonnie „Prince“ Billys „The Letting Go“).
Oldham ist zusammen mit Matt Sweeney nun auch der Produzent des neuen Baby-Dee-Albums „Safe Inside The Day‘ auf dem neben Musikern von Chavez, Antony & The Johnsons und Current 93 auch ein gewisser Andrew WK mitspielt (falls sich noch jemand erinnert). „Safe Insidc The Day beginnt mit dem Titelstück, verhaltene Piano-Akkorde, dann Dees hohe, schon irgendwie Antonyeske Stimme, die sich herzüber in anrührendes Pathos wirft: „As songs go forgotten/ Are found, remembered, loved, and sung again.“ Die biografische Reminiszenz „The Earlie King“ wird zu krallenkratzender Katzenmusik in Szene gesetzt. Der Ragtime „The Only Bones That Show“ und das burleske „BigTitty Bee Girl (From Dino Town)“, das Randy Newman Referenz erweist („You just can’t keep a good albino down“) lassen die Vaudeville-Tradition aufleben. In „The Dance Of Diminishing Possibilities“ erzählt Dee, wie zwei Jungen aus der Nachbarschaft ein Klavier zerlegten und die gesamte Straße zur Hilfe eilte: „My father’s affection for his crowbar collection/ Was Freudian to say the least.“ Ein Schlüsselerlebnis in Dees Kindheit: „There’s a harp in that piano/ And there’s a girl inside that boy/ And my daddy’s crowbars are his pride and joy.“
Daddys Brecheisensammlung hat Dee hinter sich gelassen, doch mit der Harfe im Piano und dem Mädchen im Jungen, die diese Gewalttat freilegte, hat Baby Dee ein bewegendes, intimes und verspieltes Songwriter-Album gemacht, das keinen Deut schlechter ist als das letzte Antony-Album.