Blur :: Blur
Es beginnt so schön. „“Beetlebum“, psychedelisch, süchtigmachend, Engelschöre. Die Beatles! Die „Abbey Road“. Das Hauptwerk von Blur! Und es heißt „“Blur“! Was sonst gäbe es noch zu titeln? „“The Great Escape“! Und dann „“Song 2“, ein verzickter Blur-Brecher erster Güte, hu-hu, yeah. Aber bei „“Country Sad Ballad Man“ wird es recht eigenartig, merkwürdig, ja komisch. Was ist das für ein Titel! Was für ein Thema! Aber ja: Blur go America. Ins Land des Bösen.
Denn wie hat Damon Albarn seit Jahren auf alles Amerikanische geschimpft, auf Imperialismus und Fernsehen und Wegwerfkultur und Verblödung, „“Modern Life is Rubbish“, jaja. Bloß jetzt: Der Britpop ist für Blur vorbei – Albarn, Definitionsmeister und Manipulator, hat den english slacker erfunden, den Hänger englischer Provenienz, und der Prototyp ist er selbst. Womöglich hat er zuviel mit Steve Malkmus von der amerikanischen Gruppe Pavement abgehangen, und zwar in London (siehe dazu auch unsere großen Berichte).
So quengeln jetzt großzügig die Gitarren, so wird gerockt und gedengelt, die britischen Sittenskizzen sind verschwunden (immerhin gibt es noch „Essex Dogs“), und das Album wirkt mindestens konfus, wenigstens interessant. Es ist eine Kapitulation, eine spektakuläre jedoch, eine Abkehr vom lustigen „“Girls And Boys“ und vom „Park Life“. Songs gibt es auf dieser Platte – das ironisch georgelte „“Theme From Retro“; das unfertig geschrammelte „“You’re So Great“ wie von der Beatles-„Anthology“, Take 3 -, die Albarn ehedem nicht geschrieben, geschweige denn gesungen hätte. „“You’re so great and I love you“: Wie gut, daß Albarns Melancholie durchs Säurebad der Ironie gereinigt wird!
Gipfel der Albanischen Kopfhängerei (und des schwarzen Humors) ist das über beschaulicher Orgel und düster zerrender Gitarre pulsierende „“Death Of A Party“: „“Go to another party/ And hang myself/ Gently on the shelf.“ Ansichten eines Kokainisten – und damit einen Poesiepunkt gegen Gallagher gewonnen. Danach zerbröselt alles in dem Störfeuer von „“Chinese Bombs“ und „“Im Just A Killer For Your Love“, grüßt gar David Bowie mit „“Strange News From Another Star“ herüber. Tatsächlich, der Britpop hat es weit gebracht. Ein Album wie ein Zettelkasten – und doch auch der beste Grund, diese immer noch anmaßende und schnöselhafte Band zu lieben. Sie sind schöne, zerstreute Verlierer.
„“Blur“ ist das Weiße Album en miniature. Oder Kirmes.