Boy

Mutual Friends

Grönland

Sehr irreführend, dieser Name eines deutschen Popduos. Man erwartet unweigerlich ein überwiegend in Schwulenkreisen beliebtes Dance-Projekt. Dann auch noch dieser scheinbar belanglose Albumtitel… Bis einem aufgeht: Genau, die „Mutual Friends“, die gemeinsamen Freunde – das sind die Songs von Valeska Steiner und Sonja Glass (ja, Boy sind Girls!), die einen nach der Eröffnung („This is the beginning of anything you want …“) sofort an ihrem Leben teilhaben lassen und verschollene eigene Erfahrungen an die Oberfläche zurückspülen. Wer kennt nicht das Gefühl, wenn die Landschaften am Zugfenster vorbeifliegen und sich die Person, an die man denkt, in jedem Fabrikgebäude, jedem Getreidesilo, jeder Stationslaterne befindet? Oder das „The waitress is waiting“-Feeling, wenn man auf das Leben und Glück anderer schaut und selber ins Leere greift?

Auch schön: Hier sind noch Mixtapes und Polaroid-Fotos Bestandteil des Alltags! Valeska, ehemals aus Zürich, und die Hamburgerin Sonja haben ihre zwölf gemeinsamen Freunde mit dem Filmkomponisten und Sonjas ehemaligen Asher-Lane-Bandkollegen Philipp Steinke in Berlin produziert und dabei fast alle Instrumente selbst eingespielt. Kleine Randnotiz und der Beweis, dass Backstage-Abhängen durchaus sinnvoll sein kann: Auf vier Stücken spielt Thomas Hedlund aus der Live-Band von Phoenix Schlagzeug. So trumpfen Boy wie eine vollständige Band auf, was sie von der Bon-Iver-Hütte und dem Lagerfeuer davor fernhält – und wie eine Art the thinking man’s Corrs klingen lässt. Auf der Single „Little Numbers“ darf’s auch ein bisschen Kate Nash sein.

Freunde? Freunde fürs Leben!

Beste Songs: „Army“, „Oh Boy“