Brian Wilson

No Pier Pressure

Capitol/Universal

Niemandem würde man nach all den Rückschlägen ein Meisterwerk im Spätherbst der Karriere mehr wünschen als Brian Wilson, doch die Zeichen stehen nicht gut. Seine Begleitmusiker gaben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwar alle Mühe, die neuen Wilson-Lieder wie Klassiker klingen zu lassen, doch von der alten kompositorische Klasse war das – mit Ausnahme des fabelhaften „Midnight’s Another Day“ von  „That Lucky Old Sun“ (2008) – weit entfernt. 

„No Pier Pressure“ beginnt mit der hübschen Miniatur „This Beautiful Day“. Wilsons Stimme wurde hier mit allerlei Effekten verjüngt und mit Auto-Tune auf die richtigen Noten genagelt. Sicher gewöhnungsbedürftig, aber auch konsequent, denn in seiner Kunst ist – anders als bei Dylan oder Cohen – kein Platz für alte, ramponierte Stimmen; die Harmonien müssen sitzen, das kalifornische Idyll muss stehen. Bei „Runaway Dancer“ gastiert ein gewisser Sebu Simonian, Keyboarder des Indie-Pop-Duos Capitol Cities, dem man wohl den Auftrag gab, das Lied so mit Beats und Banalität aufzupusten, dass es in der Borddisco der AIDA nicht unangenehm auffällt. Hat er richtig gut gemacht.

Ein Sänger namens Peter Hollens darf „Our Special Love“ mit seiner Schmachtstimme zerstören, und Mark Isham bläst im Instrumentalstück „Half Moon Bay“ etwas zu bedeutungsvoll in seine Trompete. Andere Gäste fügen sich besser ein: She & Him geben „On The Island“ einen netten Bossa-nova-Touch, Nate Ruess macht aus „Saturday Night“ einen schönen 70s-Softrock-Schlager, vor allem aber ist es Al Jardine, der mal allein, mal mit seinen fellow Beach Boys David Marks und Blondie Chaplin die besten Tracks des Albums veredelt: das anrührende „What Ever Happened“ etwa oder das wehmütige „Tell Me Why“.

Am Ende steht Wilsons Lebewohl an die Beach Boys: „Don’t be sad/ There was a time and a place for what we had/ If there was just another chance for me to sing to you“, singt er zu großem Orchester. Wir wollen es ihm wünschen. Hold on to your ego, Brian.