De Rosa – Mend

Von den Hügeln Cathkin Braes südlich von Glasgow schaut Martin John Henry hinunter auf die Stadt, in der er lebt und in der alles irgendwie ganz anders ist als hier, wo man den Blick und den Kopf frei hat. Doch die Stadt verfolgt ihn dorthin: Der Song „Cathkin Braes“ beginnt als empfindsam auf einer Akustikgitarre gezupfte Ballade voller verträumter Harmonien und sehnsüchtiger Melodien, am Ende aber trampeln das Schlagzeug und die Gitarre die Pastorale nieder.

Um Distanz bemüht blickt Henry aufs Urbane, entkommt so einem Koordinatensystem, in das man ihn leichtfertig einordnen könnte, weil er aus Glasgow kommt, dort die School Of Art besucht hat und als einen seiner wichtigsten Einflüsse Gang Of Four nennt. Trotz solcher Indizien hat das Debüt seiner Band De Rosa nichts mit dem Postpunk- und New-Wave-Revival zu tun. Henry, der auch Neil Young und Mogwai mag, lässt seine Musik lieber an der Schnittstelle von Stadt und Land, von Postrock und Folk entstehen. So sind seine Songs stets in der schottischen Grafschaft Lanarkshire rund um Glasgow verwurzelt. „New Lanark“ webt ein filigranes Netz aus Gitarrenharmonien und Stimmen, der Folksong „Hattonrigg Pit Disaster“, wählt ein Minenunglück aus dem Jahr 1910 als Ausgangspunkt für eine Assoziationskette.

Es ist erstaunlich, wie dicht Henry mit James und Neil Woodside und Ross Stewart die Inszenierung dieser kammermusikalischen Meisterwerke gelingt – beispielsweise beim Ausbuchstabieren einer verlöschenden Liebe in „Evelyn“ -, wie nuancenreich De Rosa vorgehen, etwa wenn das sperrige „Hopes & Little Jokes“ am Ende zu tanzen beginnt, wenn „Camera“ mit Noise-Elementen experimentiert, ohne dabei auf Popappeal zu verzichten, oder wenn sich in „Father’s Eyes“, das sich wie viele Songs auf dem Album konventioneller Rhythmik verweigert. Trompeten hineinschmuggeln.

Zweieinhalb Jahr hat Henry mit der Fertigstellung des Albums verbracht. Und während man staunend die Ideenfülle auf sich wirken lässt, die da vor einem ausgebreitet wird, nimmt einem am Ende noch einer der schönsten Songs der Platte in Empfang: „The Engineer“, eine cellogeschwängerte Anti-Hymne voller hinreißender Akkordfolgen, die sich wieder in die Natur zurückzieht, um misstrauisch Glasgow im Auge zu behalten: „What does love mean when it’s made by machine?“

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