Die Toten Hosen :: Zurück zum Glück

Noch lange nicht beruhigt: Die Düsseldorfer rocken wieder härter.

Das war nun doch nicht zu erwarten. Wer grundsätzlich versteht, was Die Toten Hosen so attraktiv macht – das Miteinander, die Energie -, der wird dieses Album sehr schätzen. Wer all das gar nicht versteht, könnte nach all den Jahren jetzt vielleicht doch ein bisschen Nachsicht einkehren lassen (auch wenn er gern einen Stern abziehen möchte).

Denn mindestens seit „Opium fürs Volk“ ist den Düsseldorfern kein so rundum überzeugendes Album mehr gelungen. Und kein so hartes.

Das erste Stück, „Kopf oder Zahl“, stünde auch den Red Hot Chili Peppers gut zu Gesicht – es ist fast funky, auf jede n Fall heftig, eine weitere Kampfansage ans Schicksal, Überhaupt geht es hier fast immer ums Ganze. „Wir haben unser Leben noch nicht gelebt/ Wir brauchen kein Ziel/ Wir sind der Weg“, schreit Campino aber wohin der Weg fuhren soll, das weiß er selbst immer noch nicht so genau, und das macht ja den Reiz aus. Bei den Hosen finden sich all die Sorgen wieder, die

uns jeden Tag quälen, und sie werden halt auch so beschrieben, wie man sie empfindet – ohne intellektuellen Überbau, mit deftigen Worten, auf direkten Weg von Bauch zu Bauch. Die Verlustängste, die bei „Herz brennt“ aufkommen: Was tut man, wenn die liebe geht? Wenn einen nachts die Panik packt? Das Problem mit der Vergänglichkeit schleicht sich ständig ein, auch bei der bitteren Ballade „Alles wird vorübergehen“.

Natürlich gibt es auch die Hymnen. Was einst „Wünsch dir was“ hieß, ist heute „Wunder“. Da kommt alles zusammen, Gott und die Fortuna, und am Ende singt man zwangsläufig mit. Das geht gar nicht anders. Der Stadion-Rock, den man den ehemaligen Punks gern vorwirft, zeigt sich aufs Schönste im Titelsong. Da wagt Campi das berüchtigte „Whoawhoa-whoa“, mehrfach. Ein Riesenspaß – und erst der Refrain, nachdem die Menschen an allem Möglichen vorbeigeschlurft sind: „… und voll vorbei am Glück/ Darum alle Mann wieder zurück!“ Auftauend, wie Campino die großen Gefühle – Sehnsucht, Glück, Resignation – immer wieder personalisiert und direkt anspricht, als könnte man sie dadurch steuern.

Plötzlich erklingen Streicher, die „Behauptung“ steht im Raum, unterbrochen von ulkigen Breaks. Dann noch ein englischer Track, „How Do You Feel“, und das lustige Stück, das auf keinem Hosen-Album fehlen darf. Diesmal kein Bierdimpfel-Stampfer, eher ein Volkslied auf Speed: „Walkampf“ handelt von einem Albtraum, in dem der Sänger einen Meeressäuger zurück ins Meer schieben soll. Ja, das muss man gehört haben, das kann man nicht beschreiben.

Die Tote-Hosen-Crux bringt das Lied „Freunde“ am besten auf den Punkt. Man könnte die Ode an die Kumpels als naiv, kitschig abtun, aber sie trifft doch den Nagel auf den Kopf. Manche sind inzwischen tot, andere unbekannt verzogen, aber „wir hier haben einfach immer alles überlebt“. Campino klingt fast erstaunt. Wer mit 40 noch so was singen kann, muss ein glücklicher Mensch sein. Sollte man meinen.

Dass „Zurück zum Glück“ nun ausgerechnet mit einem deprimierenden Lied namens „Am Ende“ aufhört – das beweist wieder einmal, dass die Hosen eben doch nicht so vorhersehbar geworden sind, Platinplatten hin, MTV-Shows her. Die geben noch lange keine Ruhe.

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