Dillard & Clark – The Fantastic Expedition Of Dillard & Clark :: Eine kurzlebige Expedition des Byrds-Musikers Gene Clark
In dem leicht mythisch überhöhenden Licht, in das ihn bald nach dem Tod seine Biografen zu rücken begannen, ist doch ein Moment von Wahrheit. Gene Clark war nicht nur ein Einzelgänger und großer Melancholiker, sondern auch ein geborener Verlierer – der trotzdem immer weitermachte. Die Einführung der Byrds in die „Rock fe? Roll Hall Of Farne“ erlebte er gerade noch so mit. Als er starb, waren selbst seine wichtigsten Solo-Werke gar nicht oder nur bei kleinen Indie-Labels in Lizenz im Katalog. Das waren ziemliche Hungerleider-Jahre, mit denen Clark danach seinen Unterhalt durch Club-Auftritte bestreiten musste. Vorher als Mitglied von Elvis Presleys Band ordentlich honoriert, kommentiert Silverados-Bassgitarrist Duke Bardwell diese Zeit in den Liner Notes zum jetzt erstmals freigegebenen Mitschnitt von 1975 ohne Ironie so: „Ich stieg also aus Elvis‘ Flieger und in Genes alten klapprigen Van: Er hatte kein Produkt; er hatte keine Plattenfirma; er hatte gar nichts – außer uns.“
Das erste, mit den Gosdin Brothers, Chris Hillman und Michael Clark eingespielte „Solo“-Album war 1967 das Versprechen, das Clark mit großen Platten einlöste. Gleich die erste von denen war das meisterliche Newgrass-Pionierwerk „The Fantastic Expedition Of Dillurd & Clark“, vor „Hashville Skyline“ und „The Gilded Palace Of Sin“ erschienen und in puncto Songwriting mindestens von derselben Klasse wie die, ganz zu schweigen von der schieren musikalischen Klasse der Cracks, die das Duo dort begleiteten.
Die richtige Platte zu früh und zur Unzeit, wie auch die Byrds in demselben Jahr erleben mussten. „The Fantastic Expedition…“
war auch ein noch puristischeres, wenn man so will: fundamentalistischeres Bekenntnis zu den Graswurzeln der Gattung gewesen als die Byrds-LP. Bernie Leadons Beiträge als Clarks Co-Autor gehören zum Besten, was er je geschrieben hat, und selbst der mehr für Banjo-Virtuosität bekannte Kollege lieferte in Melodien schwelgende Lieder für dies Projekt, von dem man sich so viel erhoffte.
Nachträglich bleibt festzustellen: Selbst hellhörige Bob-Dylan-Fans, die bei den letzten beiden (Country-)Songs auf „John Wesley Harding“ ahnten.
dass sich die Zeiten wieder mal gewaltig ändern könnten und würden, konnten sich damals durch noch so fabelhaft gespieltes Uralt-Liedgut wie „Git It On Brother“ auf dem Dillard & Clark-Album irritiert bis abgeschreckt fühlen. Selbst wenn jemand bei der Plattenfirma damals auf die Idee gekommen wäre, die Platte als Geburtsstunde des Country-Rock anzupreisen, wäre auch das in der Sache ein nicht korrekter Marketing-Trick gewesen.
Wer „Train Leaves Here This Morning“, einen der besten Songs der Platte, nur in der leicht verschnulzten Schöngesang-Fassung des Eagles-Debüts kennt, sollte sich das Vergnügen antun, den einmal in der Urfassung zu hören. Oder in der Live-Darbietung des Club-Auftritts vom 19. Februar 1975 „Siluerudo ’75 -Live & Unreleased“ (Collectors Choice Music, * * * *). Der Querschnitt aus Byrds-, Dillard & Clark- und Solo-Material, bereichert um zwei Traditionais („Long Black Veil“ und „In The Pines“), die das Trio bei dem Rundfunkmitschnitt musiziert, scheint das einzige erhaltene Live-Dokumcnt aus der Zeit zu sein, als man trotz der misslungenen Byrds-Reunion noch auf eine endlich durchstartende Karriere von Gene Clark hoffen durfte. Es sollte nie sein.