Dock Boggs – Country Blues /Revenant)

Halleluja! Einem der stilbildendsten Vorväter der Songkunst in den Gefilden Folk und Blues widerfährt endlich Gerechtigkeit auf Vinyl. „Dock Boggs war ein Sänger und Banjo-Player“, schreibt Greil Marcus im beiliegenden Booklet, „der klang, als würden seine Knochen durch die Haut dringen, wenn er nur den Mund aufmachte.“ Anders ausgedrückt: Ließ sich Bill Monroes spätere Bluegrass-Rasanz als „high lonesome“ charakterisieren, so waren die grimmigen Parabeln, hoffnungsarmen Beichten und dunklen Verheißungen des Mannes aus Norton, Virginia definitiv „low lonesome“. That sinking feeling, unterstrichen von einem atavistischen, anarchisch gezupften, tiefer gestimmten Banjo. Hier, in Klagen wie „Sugar Baby* oder „Lost Love Blues“, wurzeln nicht wenige Songs von Meister Dyian.Dessen „Love And Theft“ sich neben diesen grob gezimmerten, gänzlich schmucklosen Aufnahmen freilich ausnimmt wie Abbas „Arrival“. Die vorbildliche Edition in kongenial gestaltetem Schuber versammelt auf zwei LPs sämtliche frühe Aufnahmen des Folk-Moralisten, also jene, die er zwischen 1927 und 1929 für Brunswick aufgenommen hatte. Plus bisher unveröffentlichte Takes aus denselben Sessions. Danach hängte Boggs sein Banjo für 25 Jahre an den Nagel und fristete sein Dasein als Bergarbeiter. Weil ihn sein Weib, eine christliche Furie, vor die Wahl gestellt hatte, als Musiker entweder ihren Herrn zu lobpreisen und lyrisch Buße zu tun oder es ganz sein zu lassen. Da hörte Boggs auf. Zu tief und unüberbrückbar war die Kluft zwischen der Heilserwartung seiner frömmeren Hälfte und den sehr diesseitigen Nöten und Sehnsüchten, die aus seiner Musik sprachen. Ober das Mastering der historischen Bänder und den Grad der Rauschunterdrückung ließe sich trefflich streiten, hier nur soviel: Sie gehen an die Grenzen des noch Akzeptablen, kommen heutigen Hörgewohnheiten etwas entgegen, ohne aber aseptisch zu klingen. Preis: ca. 22 Euro. Geschenkt.

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