Elton John :: The Captain And The Kid

Sequel zu "Captain Fantastic & The Brown Dirt Cowbov"

Ein Elton-John-Song, so Elton John, müsse melodisch sein und melancholisch. Als wäre es so einfach. Aber mit diesem Konzept hat er seine besten Platten gemacht, nachdem er Anfang der Siebziger plötzlich überwältigend erfolgreich wurde – bis 1975, bis „Captain Fantastic And The Brown Dirt Cowboy“ gelangen ihm beinahe makellose Alben, sämtlich über die Maßen erfolgreich. Von der dunklen Zeit danach hat John oft und ausführlich gesprochen dass er sich heute als Samariter von ruhmgeschädigten jüngeren Leuten wie Robbie Williams einsetzt, ist den eigenen Kämpfen um Sucht, Selbstvertrauen und Homosexualität geschuldet. Die 80er Jahre waren schlimm, die 90er waren schlimmer. Elton John schien keine Elton-John-Songs mehr schreiben zu können.

Aber im Jahr 2001 erschien „Songs From The West Coast“, die erste ernst zu nehmende Platte seit „Too Low For Zero“, und es hieß, dass Elton von einem anderen Jüngling inspiriert worden sei, von Ryan Adams nämlich. „Peachtree Road“ von 2003 ist ein ähnlich starkes Album, wenngleich das Johnsche Pathos die Songs wieder zu ersticken drohte. „The Captain And The Kid“ nun ist offenkundig als Nachfolgewerk zu „Captain Fantastic“ angelegt. Das lustige Comic-Cover jener LP legte den Verdacht nahe, es handle sich um eine vergnügliche Unterhaltungsarbeit. Tatsächlich enthielt sie Eltons (und Bernie Taupins) bitterste Songs: „Someone Saved My Lite Tonight“, das Lied über den versuchten Selbstmord, „Better Off Dead“, „(Gotta Get A) Meal Ticket, „Curtains“. Erst spät wurden diese Stücke überhaupt interpretiert es ist eine Selbstauskunft des Musikers durch seinen Ghostwriter. Auch „The Captain And The Kid“ ist geprägt durch Taupins meistens schwer durchdringliche metaphorische Lyrik. Doch in den besten Momenten leuchten die Songs wunderbar klar und elegisch: in der resignativen Einsicht „Blues Never Fade Away“, in der typischen, bewegenden John-Ballade „The Bridge“ als Memento mori, in der Reue von „I Must Have Lost It On The Wind“ über vergangene Lieben und was man (nicht) von und aus ih nen lernen kon nte. Anderswo handeln die Lieder vom Leben in Amerika – „Postcards From Richard Nixon“, „Wouldn’t Have it Any Other Way (NYC)“ -, vom Überleben als Künstler und den Bullshit-Anfeindungen der Gegenwart der Rolling Stones-Rocker Just Like Noah’s Ark“ und von der Vergangenheit, die nicht immer gut war, die aber jedenfalls versunken ist: „Old ’67‘. Kleine Anspielungen erinnern an die lange Reise des Musikers und seines Sancho Pansa. Bernie Taupin hat sich hier als Johns Wegbegleiter selbst hineingeschrieben.

Nirgendwo so deutlich wie in dem Country-verspielten „The Captain And The Kid“, dem letzten Stück des Albums: „But we stuck around for the fireworks/ Waiting to explode/ Shaped our futures, you a tumbleweed/And me on ayellow brick road/ Pleasing the people some of the time/ For better or for worse.“ Und wie in „Unforgiven“ warten sie auf die große Abrechnung, in neuen Schuhen und alten Cowboy-Stiefeln. Eine würdige Platte zum letzten Aufgalopp. Ach so: Sie ist melodisch und melancholisch.

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