Elvis Costello

All This Useless Beauty

Warner / WEA

Elvis Costello Warner WF.A Quo vadis, Elvis? Irgendwie zurück auf jeden FalL Fest entschlossen scheint der Meister, die 90er Jahre als sein Jahrzehnt der persönlichen Reminiszenz in die PopAnnalen eingehen zu lassen. Erst entdeckte er auf,Jirutal Youth“ die Anfange und seine zwischenzeitlich verbannten Attractions wieder, dann kramte er anläßlich des Cover-Albums „Kojak Variety“ gar in Kindheitserinnerungen mit Papa Mac Manus, dem Orchester-Musikus ein Spaß mit leicht pädagogischem Touch. Und nun dies: Costello, der Interpret, adaptiert Costello, den Songschreiber, der das Original zunächst anderen überließ. Das war zumindest das Konzept hinter „All This Useless Beauty“. Doch dann blieben doch nur drei (von insgesamt zwölf) Songs übrig, die er einst für andere schrieb. Neben dem Titelsong, einer Vorlagefür June Tabor, muß man auch die beiden anderen Neuauflagen nicht bedauern. Geradezu bieder klingt im Vergleich heute die Version, die Co-Autorin Aimee Mann 1988 mit ihrer damaligen Band TU Tuesday von „Other End Of The Telescope“ einspielte. Und mit „Ybu Bowed Down“ entpuppt sich Costello als der bessere „Byrd“ – und realisiert in seiner Version tatsächlich den surreal-zerfaserten B-Teil, den er in der Ur-Version von Roger McGuinn (auf dessen „Back Front Rio“, 1991) immer vermißt hatte. Die kunstvollen Arrangements, die vertraut drapierten Keyboard-Girlanden von Steve Nieve, die verschlungenen Melodie-Pfade: Sie wecken bei Tracks wie „Linie Atoms“, JDistorted Angel“ und dem flotten TV-Quiz-Shuffle „Starting To Come Tb Me“ kaum zufallig Assoziationen an die Costello-Ära zwischen „A-m«/ Forces“ und Jmperial Bedroom“. Und siehe da: Mit Geoff Emerick nahm wieder jener Produzent am Pult Platz, der schon den 82er-Klassiker betreut hatte. Doch eine Linie vermag er auch nicht wirklich hineinzubringen. So muß ,Jll This Useless Beauty“ ein Patchwork-Wbrkshop bleiben. „Complicated Shadows“ und der Billy-Beat „Shallow Grave“ klingen nach Resteverwertung aus der Rüde 5-Phase, „Why Can’t A Man Stand Alone“, ein leidenschaftliches Plädoyer fürs zwischengeschlechtliche Verständnis, wie die Cover-Version, die Costello für ,J(.ojak Variety“ nicht mehr gefunden hat. Und dann kurzerhand selbst schrieb. Arrangement-Experimente wagt er nur mit dem für seine Verhältnisse erstaunlich groovigen „It’s Time“. Und die große Geste des Melodrams dazu: ,3ut if you do have to leave me, who will I have left to hate?“ Bitterer hätte er das 1977 auch nicht formuliert. Womit wir wieder bei der Ausgangsfrage wären: Quo Vadis, Elvis? Auch wenn der große Atem fehlt und das Konzept abhanden kam: Es spricht zumindest nicht gegen Costello, wenn er selbst beim Kramen in der Vergangenheit noch die eine oder andere Pretiose hebt und Umdeutungen weniger wie ein Nachkarten denn wie eine Notwendigkeit aussehen läßt Reaktionen scheinen ihn ohnehin nicht mehr zu kümmern – zumindest tut er so in „Little Atoms“: „And if you still don’t like my song, dien you can just go to hell – don’t care if I’m right or vvrong…“ Früher hätte man den Gedanken gar nicht zugelassen – heute dagegen ist es nicht unwahrscheinlich, daß man bald zur Hölle aufbrechen muß.