Elvis Costello :: North

Die Deutsche Grammophon! Die Kunst. Das Orchester. Muss denn das sein? Niemandem nehmen wir das Erwachsen-Sein, das In-sich-Ruhen (wenn auch immer nur für kurze Zeit), die Reflexion so übel wie unserem Elvis. Dabei war Costeilo ja nie der eindimensionale jugendliche Hitzkopf, zu dem wir ihn in der Erinnerung manchmal gern machen. Sein Werk wurde immer von Spannungen vorangetrieben: Die Hassattacken von „This Ycars Model“ konnte er nur mit solchem Nachdruck abfeuern, weil er sie immer auch gegen sich selbst richtete. In Zeiten von „Armed Forces“ aka , „Emotional Facism“ erschien völlig unironisch auf einer Single Costellos Version von Nick Lowes „(What’s So Funny ‚Bout) Love Peace And Understanding“, auf „Trust“, das einige seiner frühesten Kompositionen überhaupt enthielt, folgte „Almost Blue“, aus dem man schon das vermeintliche Alterswerk heraushören konnte. Nur konsequent, dass nach der bollernden Rückkehr ins Land der Grausamkeit, „When I Was Cruel“, der Ausfallschritt folgt. Freuen wir uns darauf. Es gibt gute Gründe dafür.

Auf“AforfA „ist kein Spott, kein Hass, nicht der große Pop von „Imperial Bedroom“ oder „Painted Front Memory“, aber glücklicherweise auch nicht der Kunstbetrieb von „The Juliet Letters“ oder „For The Stars“. „North“ ist „Another Side Of Elvis Costello„, zeigt ihn, wie er nachts im Hotelzimmer sitzt, um ihn herum Dunkelheit. Nur mit dem Licht einer kleinen Lampe auf dem Klavier sucht er nach den richtigen Akkorden und Worten für das Ende einer Liebe, summt still vor sich hin und stellt sich vor, hinter ihm sei ein großes Orchester, das ihm beisteht, oder Lee Konitz spiele sein Saxofon so trostreich wie einst Chet Baker die Trompete auf „Shipbuilding“. Aber wenn er sich umdreht, sieht er: Er ist ganz allein.

Doch während er sinniert, findet er die neue Liebe, direkt vor sich-zwischen den schwarzen und weißen Tasten und in seiner Erinnerung: „Still lying in the shadows this new flame will cast/ Upon every thing we carry from the past/ You where made of every love and each regret up until the day we met“ Besser kriegt man das Wesen der Liebe nicht zu fassen, schöner hat noch niemand darüber gesungen. Nicht schlecht für jemanden, der zu Beginn seiner Karriere mal sagte, er schreibe keine Liebeslieder, er wisse auch gar nicht, was das sei, Liebe.

Auf „North“ ist kein Wort zuviel, nichts ist überzeichnet (das konnte man von Costello-Alben bisher selten behaupten, und daher liebten wir sie so). Das gilt auch für die musikalische Umsetzung: Getragen werden die Lieder von Costellos zurückgenommener Stimme und rudimentärem Klavier, kurz tauchen die Brodskys aufi oder ein Orchester setzt ein paar Tupfer – das reicht, denn Perlen wie „Someone Took The Words Away“, „You Turned To Me“. „When It Sings“, „Still“ und „Let Me Teil You About Her“ – eine überaus rührende Variation von Randy Newmans „Real Emotional Girl“ – strahlen auch so. Am Ende strahlt sogarder Meister selbst: „I’m In The Mood Again“ singt er. Das glauben wir ihm nur zu gern.

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