Elvis Costello :: The Delivery Man
Frische Wut: Elvis und die Imposters lärmen und schnufzen
Das Schmachten, das Grübeln, das den-Mond-Ansingen, das Trippeln im Frühling der Liebe es musste eine Episode bleiben. Elvis Costello müsste die langweiligen und geschmäcklerischen Platten doch hassen, die seine Freundin Diana Krall macht Jetzt singt sie (und zerstört also!) sogar Songs von ihm. Elvis aber, im Herzen ein so wütender wie weiser Mann, setzt dem altväterlichen „North“ einen krachenden Kontrapunkt entgegen. Als hätte es einen Zweifel daran gegeben: Elvis lebt. Elvis ist laut. Elvis haut drauf.
„The Delivery Man“ kommt über einen wie ein Destruktionswerk, eine Auflösung, eine Auslöschung. Da ist der herrliche Krach von „Blood & Chocolate“, da sind die alten Costello-Melodien, da ist die heisere, aufgekratzte Stimme. Und sie schimpft: „Don’t want to talk about the government/ Don’t want to talk about some incident/ Don’t want to talk about some peppermint gum/ Don’t want to talk about the time to come.“ Elvis und die Imposters – Steve Nieve, Pete Thomas und Davey Faragher am Bass spielen mit der Wucht der ganz frühen Costello-Platten. „Country Darkness“ ist eine blutende, fast hysterische Ballade, bei „There’s A Story In Ifour Voice“ kräht die dreckige Stimme von Lucinda Williams dazwischen, „Either Side Of The Same Tbwn“ wurde bei Konzerten erprobt und ist fast ein konventioneller Song, bei „Bedlam“ knüppelt Thomas‘ Schlagzeug, „The Delivery Man“ mit pathetischen Nieve-Piano entwickelt sich mählich zum großen Schauspiel.
Bei drei Stücken singt Elvis, der Bewunderer von Gram Parsons, mit Emmylou Harris. Deren Gesang geht mit Elvis‘ leidenschaftlichem Gekrächze durchaus zusammen, die Dame bleibt aber zunächst – bei „Nothing Clings Like Ivy“ – kühl. Von drei Frauen soll dieses Album handeln, den Frauen des Delivery Man. Es wird ein wenig Zeit brauchen, bis man Costellos wie üblich höchst wortreiches und ebenso kompliziertes Beziehungsgeflecht annähernd durchschaut hat. Vielleicht bleibt es auch bei dem Versuch, denn Elvis hat die Enden seiner sonischen Untersuchungen nicht verknüpft.
„The Delivery Man „ist dennoch eine großartige, freilich schwierige Platte. Durchzogen von Echos alter Songs und ironischer Zitate. Zum Bersten gespannt mit der Radikalität des Alten. Kompromisslos gespielt von Virtuosen. Atemlose, verschlungene Attacken wie „The Name Of This Thing Is Not Love“. Schwerer Herzschmerz beim Country-Tearjerker „Heart Shaped Bruise“. Orgelnder, polternder Rock’n‘ Roll in „Needle Time“. Das von Solomon Burke bekannte „The Judgment“. New Wrath!
Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum bösen alten Mann. Bitte laut aufdrehen, sonst wirkt es nicht.