Elvis Costello & The Imposters :: The Return Of The Spectacular Spinning Songbook
Die Box für den, der schon alles hat: Costellos krachendes Konzert mit dem Song-Glücksrad
Die Solo-Konzerte im vergangenen Herbst waren innig, zerebral und bewegend – der alte Teufel ist auf dem Gipfel seines Könnens, und keiner kann das, was Elvis Costello kann. In den USA ist er mit den Imposters und einem Glücksrad unterwegs – in diesem nostalgisch marktschreierischen, rummelplatzmäßigen Stil ist auch diese Box gestaltet, die eine CD, eine DVD und eine 10inch mit vier Songs enthält – lässt man Fotos, Elvis‘ Tagebuchnotizen, ein Poster und ein Zertifikat mit Elvis‘ Signatur beiseite. Der Karton ist so teuer, wie es sonst eigentlich nur Bildbände von Eric Clapton samt echter Gitarre sind, worüber der Künstler selbst sich beklagte – die 5.000 Exemplare unterschrieb er aber doch. Eine schlichte Volksausgabe wird hoffentlich bald veröffentlicht.
Zwar gibt es viele Live-Aufnahmen von Elvis Costello, doch gehören sie jeweils zu einer Schaffensperiode. Das „Songbook“ greift in alle Phasen aus, rekurriert auf „Alison“ und „Watching The Detectives“ und vergisst nicht Stücke von „National Ransom“. Im schönsten Sinne hat Costello „Everyday I Write The Book“ neu erfunden, den Synthesizer von 1983 durch Farfisa-Orgel und elektrische Gitarre ersetzt. „Detectives“ stampft jetzt als Big-Beat-Ungetüm über die Bühne. „God Give Me Strength“ singt Elvis als tearjerker zu Steve Nieves Pianospiel, „I Hope You’re Happy Now“ scheppert endlich wieder, „All Grown Up“ kommt zu verdienten Ehren, Nick Lowes „Heart Of The City“ wird eingestreut. Die DVD enthält ein nur wenig abweichendes Programm – wahrlich, wir sind ja nicht würdig, aber mit etwas mehr Glück wäre auch „Pills And Soap“ gespielt worden. Oder „Blue Chair“. Oder „Couldn’t Call It Unexpected No. 2“. Doch auch als Interpret, Archivar und Exeget seiner selbst ist Costello ein Idiosynkrat.
Die Imposters, nur auf der Position von Davey Faragher von den Attractions verschieden, spielen schlierig und ruppig, bei „Radio Radio“ und „Tear Off Your Own Head“ Elvis‘ Freude am Lärm exekutierend. Nach einer verkünstelten mittleren Phase war Costello mit „The Delivery Man“ in ein radikales Spätwerk eingetaucht, das den Radau von „Momofuku“ ebenso wie die Romantik von „National Ransom“ erlaubt. Das beherrscht er wie kein anderer: Rock’n’Roll als schöne Kunst des Zitats, des Experiments, des heilenden Krachs. (Universal) arne willander