Fink – Haiku Ambulanz; Suzy Bogguss – Swing :: Trocadero

Dies ist Hardcore, ein Pestlied: Der Winter wird kälter, die Ernte fällt aus, ein Feuer im Club, die Tür geht nicht auf, und hinter dem Haus lauert der Maskenmann. „Wo geht das Licht an?“ nennen Fink ironisch diesen apokalyptischen Blues, der wie auf toten Knochen getrommelt klingt, mehr nach Nick Cave als nach Country-Folk. Eine verzerrte Gitarre, schwindsüchtige Geigen mischen sich in die Panik, der Song verbrennt so schnell, dass er schon nach viereinhalb Minuten einfach abbricht.

Das Tragischste an „Haiku Ambulanz“ (fünfte Platte der Hamburger) ist, dass man die Musik – Gitarrist Dinesh Ketelsen und Schlagzeuger Henning Wandhoff gingen nach den Aufnahmen – niemals so wird live hören können. Verglichen mit „Wo geht das Licht an?“ klingt das meiste auch leichter und transparenter, der Blick auf die schwerdunklen Wolken allerdings hellt sich nirgends auf. Beim letzten Album sprach Sänger Nils Koppruch wenigstens von der Hoffnung, sie könnten abregnen („Sie sagt: Alles wird vertrocknen/ Ich sag: Warten wir’s mal ab!“) es hängt immer davon ab, was der Dichter gerade sieht oder sehen will, denn die Welt according to Fink ist ohnehin ein Ort ohne viel Wandel und Bewegung.

Die Natur der Gegenwart skizziert Koppruch in „Kein schönes Lied“ auch ex negative, durch das Aufzählen der Dinge, die unsichtbar bleiben („Kein Mensch, der dich nach Hawaii mitnimmt“, „Nirgendwo ein kluges Pferd, das sprechen kann“), begleitet von einem poltrigen Drum-Loop und einem Kinderchor. Schon früher hat die Band gelegentlich das Harmonie-Lied verlassen und eine Art Dancefloor-Folk gespielt, der hier in „Kein Wagen“ oder im Titelsong „Haiku Ambulanz“ in die letzte Konsequenz getrieben wird, auf schwingenden Bassfiguren und gepeitschter Besentrommel. Der Effekt ist unglaublich, weil die Instrumentierung mit Banjo, Steel Guitar und Trompeten gewohnt reich ist und Koppruchs schleifscharfe Texte („Der Hahn“ ist das mächtigste Lied über Volksverhetzung seit sehr langem) es allemal wettmachen, dass Fink weniger Melodien haben als sonst.

Den verhassten Ruf als Countrysong-Band füttern sie mit zwei, drei Stücken schon noch aber „Haiku Ambulanz“ wird als schwierig gelten und in der gefühlten Fink-Diskografie weit hinten stehen. Völlig zu Unrecht. Von Hamburg aus sieht man die Welt halt noch etwas genauer als im Narzissenbeet von Sven Regeners Berlin. Diese Band ist laut und jeden Groschen wert.

Als das noch möglich war, hat sich Suzy Bogguss um Nanci Griffith verdient gemacht, deren „Outbound Plane“ sie in die Country-Charts sang. Weil heute in Nashville nicht mehr so viel möglich ist, flüchtete die Sängerin aus Illinois nach Austin, um mit dem befreundeten Fachmann Ray Benson (Asleep At The Wheel) diese Genre-Übung einzuspielen. Originell kann das nicht mehr sein, funktionieren tut’s schon und auch, weil hier tatsächlich vorwiegend neues Material zu hören ist. Dabei bewährt sich zumal Nashville-Schreiberin April Barrows, die ihre tongue-in-cheek-Qualitäten in Songs wie „Burning The Toast“ ausspielt und mit „Cupid Shot Us Both With One Arrow“ auch das obligatorische Duett für Bogguss/Benson schrieb. (COMPADRE/FENN)

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