Firewater – The Man On The Burning Rope

Rock’n’Roll und Vaudeville sind schon lange so etwas wie ein heimliches Traum-Paar: Von Tom Waits über Gallon Drunk bis zu den Residents – immer wieder haben Bands mit den betrunken stolpernden Klängen geflirtet. Vermutlich, weil Varietes und Jahrmärkte den Rummel der Pop-Kultur vorwegnahmen und es auch hier um Außenseiter und die ganz speziellen Kicks geht Die New Yorker Band Firewater führt auf ihrem dritten Album diese Tradition weiter. Mit großem Aufwand an Musikern und seltsamen Instrumenten bietet „The Man On The Burning Tightrope“ eine einzigartige Revue der Lüste, Begierden, Obsessionen – betrachtet aus Perspektive eines B-Movies in feinkörnigem schwarz und weiß.

„Vegas Strip“ entführt uns in eine Sixties-Halbwelt: rotierende Bommel an den Nippeln einer abgetakelten Stripperin. Im fast leeren Club vor ihr: Frank „das Wiesel“ Schultz, ein alternder Zocker, der melancholisch dem Eis in seinem Jack Daniels beim Schmelzen zusieht. Der nächste Morgen ist bloß eine vage Option.

Der Titelsong geht zurück ins späte 19. Jahrhundert: Ein Leierkasten dröhnt, als riefe er zum jüngsten Gericht, während Tod Ashley im Stil eines Moritatensängers intoniert: „As the band begins to play, so everybody stand!/ Everybody won’t you give a big hand/ To the man on the burning tightrope.“ Wenn jetzt der Elefantenmensch um die Ecke käme, niemand würde sich wundern.

Tod Ashley war bis Mitte der Neunziger Bassist, Sänger und Chef von Cop Shoot Cop. 1996 gründete er Firewater als All Star Team, mit Musikern von Soul Coughing, Laughing Hyennas, Jesus Lizard oder den Elysian Fields. Seine raue Stimme klingt nach Everlast, die swingende Musik dazu lässt das Brian Setzer Orchestra wie Glenn Millers Schwiegersöhne aussehen. Was kein Wunder ist: Firewater haben ihren Punk- und Noise-Rock- Background zwar hinter sich gelassen, aber die Raffinesse ihrer Songs und Arrangements ist durchzogen von wilder Verzweiflung. Warum, so scheinen sie zu fragen, ist diese Welt ein so beschissener und gottverlassener Platz? Und warum finden wir in den dunklen Ecken oft mehr Schönheit und Größe als in den hell illuminierten Theatern und Arenen?

„The Man On The Burning Tightrope“ bringt uns der Antwort ein kleines Stückchen näher.

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