Freddie King – Taking Care Of Business
Voluminöse Gesamt-Box mit den Songs des Blues-Altvaters Ob er besonders klug beraten war, in den letzten Jahren seines Lebens ständig die Plattenfirma zu wechseln (von Cotillion/Atlantic zu Shelter und weiter zu RSO), weil er damit den so sehnlichst gewünschten Schub für seine Karriere erwartete, erscheint sehr zweifelhaft. Und das trotz der Tatsache, dass er auf nachhaltige Unterstützung seitens seiner Bewunderer (Leon Russell, Eric Clapton) setzen konnte und Don Nix ihm mit „Going Down“ einen neuen Evergreen ins Repertoire geschrieben hatte, den er ab sofort obligatorisch bei allen Konzerten zu spielen hatte.
Im Lauf der Zeit konnten wohlmeinende Berater und Kollegen Freddie King offenbar davon überzeugen, dass er sein Image ein wenig ändern müsse, um besser bei demselben Publikum anzukommen, das seine älteren Kollegen, aber auch die Gitarristen der Yardbirds-Schule so vergötterte. Bei den von King Curtis produzierten Atlantic-Sessions nahm er unter anderem einmal mehr berühmte Klassiker seiner frühen Jahre („The Stumble“), und nicht minder berühmte von Kollegen („Stormy Monday“, „What’d I Say“) auf, dabei begleitet von vielen Bläsern, die den Aufnahmen reichlich Soul-Gefühl vermitteln sollten.
Leon Russell überredete ihn danach, mehr aktuell angesagte Blues-Stücke (wie die fast von jedermann die letzten Jahre mal gespielten „Dust My Broom“, „Key To The Highway“ und „The Sky Is Crying“) aufzunehmen und sich beim jüngeren Publikum mit Cover-Versionen von Cream-, Bill-Withers- und Creedence Clearwater Revival-Vorlagen zu profilieren. Mit dem Wechsel zu RSO kam dann auch ein neuer Produzent ins Spiel, und Mike Vernon hatte etwas andere Vorstellungen davon, wie sich Freddie King am besten zu präsentieren habe. Das letzte Shelter-Album „Woman Across The River“ hatte, wie uns die Liner Notes in diesem Box Set informieren, zu beträchtlicher Popularität verholfen: Toller Platz 158 der „Billboard“-Hitparade! Für die „Burglar“-Sessions konnte Vernon reichlich Prominenz aufbieten, neben Brian Auger und Eric Clapton sowie so ziemlich den kompletten Dominos auch Pete Wingfield. Am Ende verband trotzdem jeder Klassiker wie „You’ve Got To Love Her With A Feeling“ oder „Have You Ever Loved A Woman* mit dem Namen von Clapton und all den Kollegen weißer Hautfarbe.
Am Anfang dieser ersten großen Label-übergreifenden Retrospektive seines Schaffens steht die „Country Boy“-Single von 1956, am Ende „Going Down“ in der letzten Live-Aufnahme. Dazwischen gewinnt man mehr als einmal den Eindruck, dass man es mit Freddie King im Studio und Freddie King auf der Bühne nach den Federal/ King-Jahren mit zwei verschiedenen Persönlichkeiten zu tun hat, weil er im Grunde niemals einen vergleichbar (kon)genialen Produzenten fand wie viele hochmögende Kollegen vom Fach.