Gary Jules – Trading Snakeoil For Wolftickets (Sanctuary(
Dass nun einer wie Gary Jules plötzlich in den internationalen Charts auftauchen würde, das konnte man nicht ahnen. Das Debüt „Greetings Front The Side“ war bei einem Major-Merger unter die Räder gekommen, und seither war es bedrückend still geworden um den ohnehin stillen Singer/Songwriter aus Los Angeles. Die Chancen auf großes Gehör waren auch ohne Businessprobleme klein: Der leise Folk, die überdeutlichen Reminiszenzen an Cat Stevens, Tim Buckley und Paul Simon, die freundliche Gefühligkeit schließlich, all das taugte nicht fürs gemeine Publikum, das Gitarre zupfende Barden nur goutiert, wenn sie den Soundtrack für eine Autowerbung stellen.
Oder ein Lied für einen Kinofilm. Als Jules für Langzeitkumpel Michael Andrews auf dessen Soundtrack für „Donnie Darko“ Tears For Fears‘ „Mad World“ sang, war er plötzlich buchstäblich wieder im Geschäft Das fraglos wunderbar komponierte Lied schien in der zarten Piano-Version seine Schönheit erst so richtig zu entfalten, und ein (leider grässlicher) Ambient-Dance-Remix sorgte dann endgültig für breites Aufsehen.
Wer nun aufgrund des Remixes Jules‘ zweites Album kauft, wird sich wundern. Auf „Trading Snakeoil For „Wolftickets“ ist nämlich wieder der Folk des ersten Albums, schnörkellos feinfühlig und von Modernismen weitestgehend unverbogen.
Nun ist Gary Jules kein gestriger Sentimentalist, bestimmt nicht. Hier und da klappert ein LoFi-Beat, und die zartbittere Sehnsucht von Songs wie „Broke Window“ und „Unbiblical Town“ ist ganz gegenwärtig, wach und diesseitig, nie aber nostalgisch. Dennoch ist es frappierend, wie sehr der souveräne Gestus in Jules‘ Gesang und Songwriting an einen Folk erinnert, den glaubhaft eigentlich niemand mehr kann. Wenn Jules die Geschichten seines Downtown LA. erzählt, eines LA., das vom Glamour Hollywoods natürlich nichts weiß, dann ist Nachahmung nicht im Spiel. Nur die originäre Gabe eines erstaunlichen Songwriters, der just eine erstaunliche Platte gemacht hat. No snakeoil indeed.