Interview :: Steve Buscemi (Start 29.5.)

„Die niederste Stute des Journalismus“, ätzte Schriftsteller Truman Capote, „sind Interviews mit Hollywood-Stars.“ So ist der erprobte Kriegsreporter Pierre Peders (Steve Buscemi) auch wütend, dass ihn sein Chefredakteur zum Interview mit Katya (Sienna Miller) nach New York schickt, während in Washington die politische Krise des Jahres kocht. Zumal diese Blondine nicht mal ein Star ist, sondern ein aus B-Movies, TV-Soaps und Klatschblättern prominentes Sternchen.

„Interview“ ist das Remake eines Films des holländischen Regisseurs Theo van Gogh und Steve Buscemis Beitrag zur Trilogie „Drei mal Theo“, an der auch Bob Balaban und Stanley Tucci beteiligt sind. Der Auftakt jedenfalls ist verheißungsvoll, ein furioses Kammerspiel im Schützengraben der Vorurteile und Lügen, das Szenen einer Nacht in 84 Minuten als verbales Scharmützel erzählt. Katya kommt zu spät ins It-Restaurant, wo seit einer Stunde der ohnehin angesäuerte Pierre hockt. Nach wenigen Minuten scheint das Gespräch beendet — er ist nicht vorbereitet, sie davon genervt. Doch nach einem Unfall auf der Straße nimmt sie ihn mit in ihr Loft und verarztet seine Beule mit einer Packung tiefgekühlter Erbsen.

Whisky und Wein heizen die Stimmung schnell wieder an. Sie beleidigen und versöhnen, belauern und attackieren sich. „Da steht mein Computer. Googeln sie mich“, antwortet Katya schnippisch auf Pierres Fragen, r zu einer ihrer Serienepisoden abfällig sagt: „Wer schreibt diesen Mist?“ Auf Schmollen und Schweigen folgen Komplimente und intime Geständnisse. Sie scheinen sich näher zu kommen, doch der Seelenstrip bleibt ein Spiel voller Minen, bei dem man bis zuletzt nicht weiß, wer den anderen perfider täuscht. So bricht Katya in Tränen und gleich darauf in Gelächter aus. Da kopiert er heimlich ihr Tagebuch aus dem Laptop und schwört dennoch, er werde nichts daraus veröffentlichen. Die Zicke ist kein Dummchen, der Zyniker ein gebrochener Mann. Hier prallen wie Nitro und Glyzerin zwei ebenbürtige Egos aufeinander.

Auch Buscemi und Miller agieren in diesem Schauerstück der Erwartungen, Enttäuschungen und Entblößungen auf gleicher Höhe. Er gibt den sarkastischen Griesgram, sie kokettiert mit ihrem Image als Partygirl. Und trotz der Kürze und Rasanz ihres Schlagabtausches gelingt es Buscemi, die Regeln des Showbiz zu hinterfragen, aktuelle politische Ereignisse anzudeuten, die Rolle der Medien zu verhandeln und die Bruchstellen des Schicksals zu streiten.

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