Isobel Campbell & Mark Lanegan :: Hawk

Die Schöne und das Biest erkunden das Bob-Dylan-Land.

Der eine knurrt und brummt. Die andere summt und flüstert. Diese Stimmen – die eine gehört Mark Lanegan, die andere Isobel Campbell – scheinen Welten voneinander entfernt. Dennoch besingen sie in der zeitlos schönen Ballade „Come Undone“, die von tragisch intonierenden Streichern und einem bibbernden Klavier zusammengehalten wird, gemeinsam die Qualen des Verlangens: „It’s got me on my knees/ Tearing up my heart/ Shakin‘ at my bones/ Tearing me apart.“

Weiter als auf dem düster-dringlichen Album „Hawk“, ihrer dritten Platte mit Mark Lanegan, hat sich Isobel Campbell noch nie entfernt von den Liedern, die sie einst zu Hause in Glasgow bei Belle & Sebastian sang. Und sie scheint viel Bob Dylan gehört zu haben während der anderthalb Jahre, in denen sie an dieser Platte gearbeitet hat. „Get Behind Me“ tobt sich als polternder Bluesrock mit immer wieder aufjaulender Orgel auf dem Gebiet aus, das Dylan auf „Highway 61 Revisited“ erkundet hat. Und das hymnische „Lately“ im Albumfinale ist Campbells Version von „Knockin‘ On Heaven’s Door“, was nicht nur der Backgroundchor und die Instrumentierung verraten. Auch Lanegan klingt auf einmal verblüffend nach Dylan.

Wie schon auf den beiden Vorgängern haben Isobel Campbells Songs fast immer etwas Tragisches, Unheilvolles, Verlorenes. Die Nummer „We Die And See Beauty Reign“, die das Album eröffnet, ist ein einziges bedrohliches Zittern, das düstere „You Won’t Let Me Down Again“ mit James Iha an der Gitarre klingt wie ein altersmüder Blick zurück auf den Grunge.

Lanegans abgründiger Bariton prägt die Atmosphäre des Albums. Und in dem Townes-Van-Zandt-Cover „No Place To Fall“ und der Country-Nummer „Cool Water“, die Campbell mit dem US-Songwriter Willy Mason singt, vermisst man seine Dramatik. „Time Of The Season“, ein etwas anderer Weihnachtsong, ist eine der wenigen Nummern auf „Hawk“, bei denen sich Campbell nicht nur als Songschreiberin, sondern auch als Sängerin in den Vordergrund wagt. Ein anderer ist das karge Wüstendrama „Sunrise“, in das die – aus Nancy Sinatras „Bang Bang (My Baby Shot Me Down)“ geborgte – gezupfte E-Gitarre jene düstere Stimmung bringt, für die sonst Lanegan zuständig ist. (V2/Cooperative) Gunther Reinhardt

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