Jazz von Klaus von Seckendorff
Bill Frisell – Good Dog, Happy Man
John Scofield spielt keine Countrymusik, weil er fürchtet, den Redneck in sich zu entdecken. Sein Gitarristenkollege Bill Frisell kennt solche Ängste nicht Selbst Traditionalisten dürften den elf Songs des Avantgardemusikers Nashville-Credibility zugestehen (der zwölfte ist eh ein Traditional mit Ry Cooder als Gast). Sogar einen Mann für die Pedal-Steel-Gitarre hat Bill hinzugebeten. Trotzdem spürt man seine Offenheit für Jazz, Rock oder gar Psychedelisches – ganz zu schweigen von diskret eingesetzten Loops und Samples. 3,5
Clusone 3 – Rara Avis (Hat/Helikon)
Seltsam seriöser Titel für die hemmungsloseste Vögelei der Jazz-Geschichte. Mit Sax und Klarinette, Cello und allerlei Schlagwerkzeugen fallen Michel Moore, Ernst Reijseger und Han Bennink über den calypsotänzelnden „Yellow Bird“ her und rupfen „El Condor Pasa“. Nach zehn gemeinsamen Jahren ein souveränes Schlußwort in Sachen vogelfreier Improvisationsmusik. 4,0
Fred Hersch – Let Yourself Go (Nonesuch/ Warner)
Als Pianist eine Solo-CD live einspielen: hier war’s nicht Lust am maximalen Risiko, sondern der zufallige Mitschnitt eines Konzerts, wie es nur in besonders glücklichen Momenten gelingt. Ob Weill („Speak Low“) oder „Blue Monk“,Joni Mitchells „My Old Man“ oder ein Folksong: Hersch ist nicht nur klangbewusster Lyriker mit ungewöhnlicher Anschlagskultur, er schöpft die Möglichkeiten des Steinway auch perkussiv aus. Im Gegensatz zu vielen Kollegen setzt er nie routiniert auf „licks & patterns“. Gospel & Swing (letzterer souveräner als bei Bill Evans, mit dem Hersch häufig verglichen wird) sind ebenso präsent wie klassischer Kontrapunkt und die melodiebetonte Songkultur. Fred Herrsch „läßt sich gehn“ – und klingt dabei zum Heulen schön. 4,5
Konitz, Swallow, Motian – Three Guys (Enja)
Altsax-Legende des Cool Jazz trifft auf Carla-Bley-verliebten E-Bassisten und einen Drummer, der sich statt Mätzchen lieber eine Electric Bebop Band leistet – und heraus kommt unverschämt entspannte Musik. 4,0