Jazz von Ralph Quinke
Hit and run/ Freedom comes trough the battle of a gun“, sang 1980 der schwarze südafrikanische Pianist ABDULLAH IBRAHIM, der damals seine Musik ganz in den Dienst des Kampfes gegen die Apartheid stellte. Weil er politisch so korrekt war und außerdem so wunderbare Harmonien auf dem Klavier spielte, kriegte manch eine Zuörerin in seinen Konzerten feuchte Augen. Inzwischen ist die Apartheid abgeschafft, Nelson Mandela Präsident von Südafrika und Abdullah Ibrahim weitgehend von der europäischen Jazz-Szene verschwunden. Damit auch heute kein Auge trocken bleiben muß, wurden jetzt zwei seiner Platten von 1980 auf einer CD mit dem Titel „Piano Solo“ (Pläne) wiederveröffentlicht. Auch nach 15 Jahren hat diese Musik eine fast magische Ausstrahlung. Ibrahim zelebriert hymnische Melodien von beinahe religiöser Intensität, die auch ohne den politischen Kontext, in dem sie entstanden sind, ihre Wirkung nicht verfehlen dürften. 3,0
Ob Klassik-Radio, Top-50-Sender oder Jazz-für-alle-Welle: Weltweit herrrscht die Diktatur des Dudel- und Jingle-Radios. Easy Listening bis zum Abwinken. Die neue Platte von JUSTO ALMARIO und ABRAHAM LABORIEL (101 South), die ihren Lebensunterhalt hauptsächlich als Studio- und Tourmusiker verdienen, ist voll kompatibel zum Programm dieser Jazz-Light-Sender und zur Fairy-Ultra-Werbung. 2,0
Vor 18 Jahren anarchistische Avantgarde, inzwischen längst eine Institution: das VIENNA ART ORCHESTRA. Bandleader Mathias Rüegg hat immer wieder Ikonen der Klassik und des Jazz adaptiert und mit seinem Orchester rearrangiert. Auf seinem neuen „European Songbook“ (Verve): jazzig swingende Variationen von Schubert, Verdi und Wagner. Früher dominierte bei Rüegg der Wille zur Demontage musikalischer Strukturen. Jetzt dagegen bearbeitet er das historische Material mit einem Augenzwinkern: Die Arrangements sind luftig und leicht (nicht seicht), machen neue Lust auf alte Komponisten. Eine Platte, originell, intelligent, exzellent. 3,0
Der Saxophonist WOLFOANG PUSCHNIG, Mitbegründer des Vienna Art Orchestra, ist ein Grenzgänger zwischen den Kulturen. Traditionelle koreanische Musik hat er ebenso wie österreichische Volksmusik mit funkigem Jazz zu kmbinieren versucht Das klang mal gut, mal völlig deplaziert Für seine neue Platte „Mixed Metaphors“ (Amadeo) hat Puschnig den Wiener Poeten und Wortverdreher Ernst Jandl als Specialguest engagiert und eine stimmige Mischung zwischen Dada und Rap produziert Ein großer Wurf, einmalig und unbedingt hörenswert. 3,0
In der Musik von KJANGO BATES scheint Frank Zappa wiederaufzuerstehen. Wie Zappa ist Bates ein Dekonstruktivist mit bösem Humor. Nie kann man sich bei ihm sicher sein, was ernst gemeint ist und was ironisch. Bates‘ neues Album „Winter Truce (And Harnes Blaze)“ (JMT): ein bizarres Wek voll unerwarteter Wendungen, eine intelligente Achterbahnfart durch die schichte der populären Musik. Zirkusartiges Geschrammel wird abgelöst von schwierigen Unisono-Passagen. Nach schrillen Kreischtönen tauchen plötzlich Bigband-Bläsersätze auf, und das Orchester klingt zickig wie eine Kurkapelle. Hinter jedem Takt lauert eine neue Überraschung. Manchmal freilich spielt die 17köpfige Band wie eine xbeliebige Fusion-Truppe: Dann nervt sie. Oder sollte auch das nicht ernst gemeint sein? Höhepunkt des Albums: Bjates‘ alptraumartige Version des Sinatra-Gassenhauers „New York, New York“. 3,5
Moden oder dem Mainstream hinterherzulaufen, ist seine Sache nicht: Der Saxophonist ULRICH LASK ist stets seine ureigenen Wege gegangen – jenseits von Jazz-, Popund neuer Musik. Auf Jndean Poa“ (CMP) montiert er minimalistische Baß-Linien, dumpfe Drum-Beats, sparsame Saxophon-Melodien und Computer-Sounds zu einer ebenso spröden wie spannenden Klangcollage. Das klingt wie der Soundtrack zu einem Science-fiction-Film. 3,5