Jesse Sykes & The Sweet Hereafter – Oh My Girl

Caitlin Cary wäre am liebsten Mary Chapin Carpenters freche Schwester. Ryan Adams weiß gerade nicht mehr oder immer noch nicht, wer er sein wilL Gut, dass wenigstens Gitarrist Phil Wandscher nach dem Aus für Whiskeytown den Überblick behalten hat – und mit seiner neuen Muse Jesse Sykes einen Weg geht, den auch seine alte Band hätte beschreiten können, wäre sie nicht einem hyperventilierenden Egomanen an der Rampe ausgeliefert gewesen.

Es ist der Weg ins Reich der dunklen Zwischentöne, der stoischen single notes, der kühlen Romantik am Rande der Stadt Dort sitzt Jesse Sykes gegen ein Uhr morgens in einer fast leeren Bar und haucht mild verzweifelt „You Are Not Gotten Here“ in ihren fünften Whiskey. Schlechte Wegbeschreibung vermutlich. Und überhaupt: Müsste es nicht „have“ heißen? Egal, Sykes könnte noch so viel Unsinn singen, man würde trotzdem bezahlen, um ihr zuhören zu können.

Zwischendurch kommt sogar ein bisschen Schwung in den Laden. Ausgerechnet bei „The Dreaming Dead“, Calexico lassen grüßen. Aber ihre Domäne ist das nicht wirklich. Was umso auffälliger werden muss, als es danach mit dem betörenden „Ybur Eyes Told“ weitergeht. Sykes und Wandscher diesmal in schleichenden Harmonies einander zugetan wie ein Paar, das sanft mit Blicken fickt. Engländer nennen so was slow burning gem. Und wie Recht sie damit haben, die Insulaner! „Tell The Boys“ dann ist für Sykes‘ Verhältnisse fast schon aufgekratzt, aber keinen Deut schlechter. Es folgt ein elegischer Spätwestern im Schnee.

„Grow A New Heart“, empfiehlt Jesse Sykes am Ende dieser stilvollen Lektion in Sachen Understatement auf allen Ebenen. Dass das alles andere als einfach ist – davon erzählt ihre desillusionierte Alt-Stimme unentwegt.

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