Joan Osborne – Righteous Love
Joan Osborne muss sich vorgekommen sein wie die Hauptdarstellerin eines miesen Films, in dem der Plot nicht unrealistischer sein könnte. Da verkaufte sie 1995 Millionen von ihrem Major-Debüt „Relish“, tourte wie wild, um die Plattenfirma noch glücklicher zu machen – und stand am Ende ohne Vertrag da. Heute muss sie selbst ein bisschen lachen über die Verwirrungen, die nach dem „Mega-Merger“ entstanden und sie für einige Zeit ruhigstellten.
Immerhin bekam sie so die Möglichkeit, frei von Verpflichtungen so lange an ihrem Album zu arbeiten, wie sie wollte. Und arbeiten wollte sie – verschiedene Produzenten testen, unterschiedliche Stile ausprobieren, noch bessere Songs schreiben, vielleicht noch einmal einen Hit wie „One Of Us“.
Damals war es die Lebenslust, die pure Freude in Osbornes manchmal fast überkippender Stimme, die man einfach mögen musste. Und die sie sich nicht nehmen ließ. Etwas Zynismus hat die Frau aus Kentucky inzwischen allerdings doch dazugelernt Bei „Safety In Numbers“ singt sie mit schneidender Stimme von den Lebenslügen der Menschen, die sich nur im Mob wohl fühlen. Dabei bleiben bei aller Bitterkeit und jedem traurigen Lovesong noch genug positive Fragmente übrig: ein souliger Groove, eine hinreißende Folk-Melodie, im besten Falle auch einfach Pop, im schlimmsten Gospel samt „Hallelujah“ – aber selbst da mildern die lässig runtergesungenen Strophen den Kitsch des Chorus gnädig ab.
Modern ist Osbornes Sound freilich nicht, und „Grand Illusion“, klingt gar, als stamme es aus den 80er Jahren, cheesy Sythesizer inklusive. Doch „Baby Love“ versöhnt mit sexy Stimme, ebenso das kraftvolle „Hurricaine“. Bei so viel Sinnlichkeit sei ihr der Versuch, mal so sanft wie Joan Baez zu sein, verziehen. Am Ende intoniert Osborne Dylans „To Make You Feel My Love“, und sie macht es nicht einmal schlecht. Im direkten Vergleich kann sie natürlich nur verlieren. Was ihr wahrscheinlich völlig egal ist.