John Banville :: Im Lichte der Vergangenheit

„Madame Erinnerung ist eine große, raffinierte Simulantin“, auf die es John Banville in „Im Lichte der Vergangenheit“ mal wieder abgesehen hat. Der Band fügt sich – nach „Sonnenfinsternis“ und „Caliban“ – in die Romantrilogie um den undurchsichtigen Literaturwissenschaftler Axel Vander, vor allem aber um den ausgebrannten, in unterkühlter Ehe lebenden Bühnenschauspieler Alex Cleave, dessen Tochter vor zehn Jahren aus ungeklärten Motiven in Italien Selbstmord beging. Denn „Madame Erinnerung“ ist zugleich ein raffinierter Stimulator: Die Reise in die Vergangenheit, als Alex 15-jährig eine stürmische Affäre mit der 35-jährigen Mutter seines besten Freundes hatte, bildet das Zentrum dieser für den Iren Banville so typisch plotarmen, dafür literarisch anspielungsreichen Geschichte. Dass bei dieser unermüdlichen metapher- und detailversessenen intellektuellen Schnitzeljagd nicht selten sprachlich prätentiöse Beute erlegt wird, muss man in Kauf nehmen. Einige Rätsel werden gelöst, neue entstehen: „So oft erscheint einem die Vergangenheit wie ein Puzzle, bei dem die wichtigsten Teile fehlen.“ Etwa der, der die pädosexuelle Neigung dieser zweifachen Mutter, die nicht mit einer selbstbestimmten Mrs.-Robinson-Liebelei erklärt werden kann, beleuchtet. Aber vielleicht ist die Erinnerung wirklich so gerissen, wie Banville durchscheinen lässt. (Kiepenheuer & Witsch, 19,99 Euro)

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