Johnny Dowd – Wake Up The Snakes
Nein, der Mann muss nicht länger über Friedhöfe wandeln, um das Unter- und Abgründige seiner Neo-Southern-Gothic-Botschaft zu betonen. Eine coole Sonnenbrillen-Pose in Rot-Schwarz und ein suggestiver Titel tun’s längst auch für den späten Schlangenbeschwörer aus Ithaca, New York, der mal wieder Mord, Lügen und Missbrauch jedweder Art auftischt.
Nach dem freigeistigen Rundumschlag „A Drunkard’s Masterpiece“ sucht Johnny Dowd auf „Wake Up The Snakes“ nach stilistischer Konzentration, jene Tage erinnernd, da „Soul-Musik und Garagenrock kollidierten“. Das Personaltableau dafür wurde leicht durchgeschüttelt. Mary Lorson beschwört das selbstredend düstere Geheimnis in „Babylon, PA“ und bittet Dowd zum bizarren Bossa-Rendezvous „Hello Happiness“. Dazu spielt Brian Wilson aka Willie B nicht länger Schlagzeug, sondern Bass, die treue Husarin Kim Sherwood-Caso dafür jetzt Gitarre, und der neue Drummer Matt Saccuccimorano ein paar Beats, die fast so schön (vertrackt) sind wie sein Name.
Doch der Sound von „Wake Up The Snakes“ ist vor allem der Sound von Michael Starks Farfisa, manch vorlauter Klischee-Gitarre zum Trotz. Stark orgelt die R’n’B-Travestie „Fat Joey Brown“ schwer funky nach vorn, grundiert schwüle Anti-Torch-Schieber („Words Of Love“) ebenso wie rumpelnden Garagen-Pop („Swamp Woman“), darf in „Demons And Goats“ auch mal richtig loshobeln und gibt „Time“ all die Zeitlupe, die es hier braucht. Dass „Wake Up The Snakes“ dann mit dem „Organ Grinder“ endet, verwundert also nicht. Eher schon, dass man dieses Zeugs mehr als eine Dekade nach „Wrong Side Of Memphis“ immer noch hören mag. Auch wenn eine gute Stunde dann doch zu viel ist.