Kristin Hersh – The Grotto; Throwing Muses – Throwing Muses :: 4AD/Beggars/Zomba
Sie wird immer leiser, man muss immer genauer hinhören. Aber das lohnt sich, denn: Sie wird auch immer besser. Kristin Hersh kann Songs schreiben, die einem nie sofort ins Gehör springen, dafür aber bestimmt nicht mehr verschwinden, wenn sie einen erst einmal gepackt haben. Es geht wieder um Verlust und die Angst davor, um den ewigen Kampf gegen die Liebe und dafür.
Auf Hershs Soloalben klingt die Wut nie aggressiv, nur traurig. Bei den Throwing Muses lässt sie immer noch viel mehr Dissonanzen zu, auch mehr Energie. Es war Hersh selbst, die beschloss, dass die beiden Alben an einem Tag veröffentlicht werden – damit keines dem anderen im Weg steht und weil sie sich doch so gut ergänzen. Das Muses-Werk wurde bereits im November 2001 aufgenommen, an gerade mal drei Wochenenden, „The Grotto“ ein halbes Jahr später. Da wusste Hersh schon, dass sie einen Kontrast zur Rockband wollte, ein akustisches Album also. Außerdem war sie wieder einmal schwanger, und da nervt Lärm doch eher. Howe Gelb half am Piano, Andrew Bird auf der Violine – mehr brauchen diese großen kleinen Songs nicht.
Bei den Throwing Muses ist das anders, war es immer. Sechs Jahre nach ihrer Trennung klingen sie anders als damals und doch genauso. Sie wechseln den Takt nicht mehr so oft und spielen überraschenderweise enger zusammen denn je. Sie entwerfen mitreißende Melodien, die dann doch irgendwann wieder ausfransen. Harsh schreit mehr und manchmal bedrohlich plötzlich los, Bernard Georges lässt den Bass dumpf dröhnen, David Narcizo die Drums rotieren. Hershs Stiefschwester Tanya Donelly singt ein paar mal mit, mehr nicht. So richtig berührt einen das nicht. Bei Hershs Soloalbum ist das anders. Aber da gibt es ja auch Zeilen wie diese am Ende des fast unheimlich schönen „Vanishing Twin“, ohne lästigen Lärm im Hintergrund so unüberhörbar wie undurchschaubar gesungen: „I hate clever sons of bitches who can’t leave a girl alone to rot in peace.“ Kristin Hersh muss nicht mehr von einem Helden gerettet werden, das hat sie längst selbst getan. Aber sie sucht immer noch nach Schutzengeln und Geistern. Man muss sie einfach mögen.