Kurt Vonnegut – Der taubenblaue Drache
„Der taubenblaue Drache“ von Kurt Vonnegut versammelt die Erzählungen aus dem Nachlass und ältere Geschichten aus dem 1999er Band „Bagombo Snuff Box“. Alles hierzulande unpubliziert und einmal mehr souverän, sprachgewitzt und mit dem richtigen Händchen für den zutiefst moralischen Sarkasmus des Meisters von Harry Rowohlt übersetzt. Ein wunderbares Buch, eine Art Vademekum für Humoristen, weil es ein ums andere Mal demonstriert, wie man witzig, gelegentlich fast albern schreiben kann, ohne dabei banal zu werden, wie die Grundhaltung des Ironikers notwendig unterkellert ist von Humanität, Empathie und einem existenziellen Ernst, der weiß, was Menschen einander antun können. Vonnegut hat als halb verhungerter Kriegsgefangener die Einäscherung Dresdens miterlebt und muss anschließend die Leichen aus den Trümmern exhumieren. Von den Überlebenden wird er dafür mit Steinen beworfen. Vonnegut hasst die Nazis, aber er kann nicht anders als Mitleid empfinden für diese Menschen. „Bei aller Erhabenheit der Sache, für die wir kämpften, haben wir ein eigenes Bergen-Belsen erschaffen … Das ist, fürchte ich, eine widerliche Wahrheit.“ Mit solchen Erfahrungen kommt man ohne Ironie nicht mehr hin. Das zeigt sein erster Brief an die Angehörigen nach Kriegsende, in dem er kursorisch beschreibt, was er in den letzten Monaten durchgemacht hat. Hier äußert sich bereits der Schriftsteller, der er dann werden musste. Alles andere war ein Missverständnis. Vonneguts Sohn Mark erzählt im Vorwort von einer kurzen Episode als Journalist bei „Sports Illustrated“. „Er erschien zur Arbeit und wurde gebeten, einen kurzen Text über ein Rennpferd zu schreiben, das über einen Zaun gesprungen war und versucht hatte wegzulaufen. Kurt starrte den ganzen Vormittag auf das leere Blatt Papier und tippte dann: ‚Das Pferd sprang über den Scheiß-Zaun.'“ (19,90 Euro)