Lincoln :: Daniel Day-Lewis, Sally Field
Regie: Steven Spielberg Start: 24.1.
Es kann den Blick für eine Person der Zeitgeschichte schärfen, wenn ihr Leben nicht ausschweifend inszeniert, sondern auf die prägenden Augenblicke ihres Wirkens konzentriert wird. Spielberg ist in seiner Abraham-Lincoln-Biografie nun sogar noch weiter gegangen, er hat den 16. Präsidenten der USA auf engstem Raum in einem Kammerspiel inszeniert. Das Gemetzel zwischen Soldaten der Union und der Konföderierten im amerikanischen Bürgerkrieg zu Beginn ist eine der wenigen Außenaufnahmen. Danach zieht der Film sich zurück in die Plenarsäle und Konferenzräume von Washington, D. C., wo das Hauen und Stechen verbal fortgesetzt wird. Im politischen Ringen um den 13. Zusatzartikel der US-Verfassung, der die Sklaverei abschafft, bringt die Dramaturgie ebenso Lincolns rhetorische und parteistrategische Begabung wie den Konflikt mit den abtrünnigen Südstaaten auf den Punkt. Trotz gelegentlichem moralischen Pathos wird hier klar, dass die Befreiung der Afroamerikaner keine Frage der Menschlichkeit, sondern der Macht war. Episch sind nicht nur die 150 Minuten Laufzeit, sondern auch die Redeschlachten, bei denen Tommy Lee Jones als republikanischer Kongressabgeordneter Thaddeus Stevens hervorsticht. Und Daniel Day-Lewis verleiht Lincoln neben der Aura des besorgten Staatsmannes, der das Schicksal der Nation schultert, auch einen feinen selbstironischen Unterton, der ihn als kühlen Strategen zeigt, ohne die Legende zu beschädigen. Einmal mehr eine virtuose Leistung des Briten.
Zero Dark Thirty ****¿
Jessica Chastain, Jason Clarke
Regie: Kathryn Bigelow Start: 31.1.
Hätte Kathryn Bigelow den Regie-Oscar nicht bereits 2010 für ihren Irak-Film „The Hurt Locker“ erhalten, müsste sie jetzt für diesen CIA-Thriller über die Suche nach Osama bin Laden ausgezeichnet werden. Maya (Jessica Chastain) stößt als Nachwuchsagentin zu einem Team in Pakistan, das den Al-Qaida-Führer aufspüren soll. Obwohl sie bei ihrem ersten Verhör eines Gefangenen von der berüchtigten Waterboarding-Folter angewidert ist, zwingt sie sich, hinzusehen. Später befiehlt sie nicht nur diese Methode, sie verzichtet sogar auf eine Maske zum Schutz ihrer Identität. Für Maya wird die Jagd auf bin Laden in fast zehn Jahren zur Obsession. Ihr ganzes Leben untersteht dem einen Ziel, sie handelt rücksichtslos gegenüber Feinden, Kollegen und sich selbst. Ihr Blick ist oft müde, ihre Arme aber hat sie entschlossen vor der Brust verschränkt, als halte sie sich so alle Gefühle vom Leibe. Doch nachdem die Navy Seals beim fast dokumentarisch inszenierten Angriff bin Laden liquidiert haben, stellt sich kein Triumph ein. Bigelow zeigt die Schattenkrieger und ihren ethisch fragwürdigen Dreckjob, ohne zu verherrlichen oder zu verurteilen. Gewalt und Folter werden ausgestellt und erfahren auch durch die Originalaufnahmen von verzweifelten Schreien aus dem World Trade Center keine Legitimation. Mit verstörender Konsequenz bildet Bigelow eine authentische Analyse von der Ambivalenz des Krieges ab.
The Impossible ***¿
Naomi Watts, Ewan McGregor
Regie: Juan Antonio Bayona Start: 31.12.
Katastrophenfilme kündigen das Unheil an. Irgendwo knirscht, brodelt, zündelt es, bis es zu spät ist für die ahnungslosen Protagonisten. In „The Impossible“ weiß man als Zuschauer von Beginn an, was Maria (Naomi Watts), Henry (Ewan McGregor) und ihren drei kleinen Söhnen widerfahren wird, denn der Film beginnt am ersten Weihnachtsfeiertag 2004 im thailändischen Khao Lak. Den Abend verbringt die Familie noch idyllisch unter sternenklarem Himmel, den folgenden Tag bei strahlendem Sonnenschein entspannt am Pool ihres Hotels. Man wartet nur, dass das Unheil des Tsunamis über sie hereinbricht. Und dann ist man doch überrascht und überwältigt von der enormen Wucht der Flutwelle. Zehn Minuten lang reißen die Wassermassen alles mit sich, Menschen, Autos, Möbel. Doch „The Impossible“ erzählt nicht von der Katastrophe selbst, sondern von dem Danach – der Ohnmacht und der Suche der getrennten Familie nach ihren Liebsten. So fokussiert der spanische Horror-Regisseur Bayona („Das Waisenhaus“) die Geschichte auf die Verletzten und Verzweifelten, die Hoffnung und Hilfe inmitten von Zerstörung und Chaos. Dass sein Drama nicht in Mitleidskitsch versinkt, verdankt er auch seinen kraftvollen wie nuancierten Hauptdarstellern.