Lovesick Blues :: Große Melodien vom Pop-Handwerker – mit Andy Partridges Hilfe
Das wäre auch zu schön gewesen, wenn Andy Partridge tatsächlich Ja gesagt hätte zu einem Cameo-Auftritt im nostalgisch beschwingten „You’n Me’n XTC“. Noch schöner ist nur, dass der Brite dann doch lieber zum Helfer beim „Lovesick Blues“ wurde – als guter E-Mail-Geist im ewig transatlantischen Pop-Austausch. „Long distance safety net“ nennt Chris Stamey das.
Nicht, dass der jüngst auch mit den dB’s wieder auf hohem Niveau aktive Pop-Handwerker aus North Carolina grundsätzlich externer Expertise bedurft hätte. Auch hat sich Stamey hier nicht ganz neu erfunden, was schon deshalb schwierig ist, weil seine Melodien gleich wieder so vertraut durch den Raum fließen. Aber ein bisschen neu geht ja auch, und da können ein paar Tipps aus berufenem Munde nicht schaden. Denn das Herz dieses „Lovesick Blues“ sind weder launige XTC-Reminiszenzen noch bittere Erinnerungen an einen „Leonard Cohen morning“, wie zum Auftakt des dramatischen „The Room Above The Bookstore“. Es sind vielmehr diese in Watte gepackten (Nach-)Mitternachtsspitzen wie „Occasional Shivers“ (das Remake einer alten Weihnachtssingle-B-Seite) oder das großartige „London“ in all seiner Verlorenheit. „I’ve been 13 hours on the motorway, I think the bass player quit“, resümiert Stamey lakonisch und verspricht immer wieder: „I’ll call you when I get up.“ Und wie anders alles werden kann, könnte man wie in „Skin“ nur einmal in die Haut des anderen schlüpfen! Auch „Wintertime“ ist allerfeinster Kammerpop mit Akustik-Gitarre, Percussion, dezenten Streichern, die in „Astronomy“ aber auch schon mal nervös durchs Unterholz streifen. Um im ausladenden Titelsong einen vielleicht doch etwas zu großen Auftritt zu haben.
„Lovesick Blues“ ist weder der von Hank Williams popularisierte Show-Tune noch ein neuer Theme-Song zur aktuellen Nashville-Soap, sondern ein Requiem für Sam Moss – die lokale Gitarrenlegende hatte sich bereits 2007 das Leben genommen. „I don’t have a clue what we’ll do without you“, singt Stamey, und alles wird so grau und merkwürdig. Aber weil’s einer ausspricht, liegt da auch mehr als ein Quantum Trost in der Luft. Mit oder ohne Andy Partridge. (Yep Roc/Cargo) Jörg Feyer
Kate Nash