Mansun – Little Kix
Vor vier Jahren standen ihnen die Tore zum Pop-Olymp so weit offen, als hätte Obelix angeklopft: Vier bestaussehende Jungs mit Riesenklappe, Bergen von Talent und unwiderstehlichen Singles wie „Stripper Vicar“ und „Taxloss“ – was konnte da schiefgehen? Vieles. Das fangt bei den Vorlieben an: Sänger, Songwriter und Bandleader Paul Draper mag Eighties-Plastik-Blödsinn wie Duran Duran und Prince, hat aber auch einen Hang zum umfassenden Gesamtkonzept, wie ihn Yes und Genesis in bunter Prog-Rock-Vorzeit pflegten. Hinzu kam ein rostfreies Selbstbewusstsein, das der jähe Durchbruch überdimensional anschwellen ließ – schon war’s passiert. Beim Debüt-Konzeptalbum „Attack Of The Grey Lantern“ konnte man angesichts unbestreitbarer Live-Energie noch ein Auge zudrücken, doch der Nachfolger „Six“ (zwei Teile plus „Interlude“) trat nach einem Blick auf das schauerliche Marillion-Cover den Marsch in die Ramschkiste an.
Aber so sehr Mansun zum Überkandideln neigen, so viel Substanz und Gespür für Stil haben sie andererseits. Der Reinfall hat ihnen gutgetan: Album Nummer drei ist bescheiden betitelt, erstmals ansprechend gestaltet, und die Tube mit der Pathos-Mayonnaise trägt nun wieder einen Deckel (auch wenn er leckt). Fast möchte man gar glauben, aus Songtiteln wie, „I Can Only Disappoint U“ und „Forgive Me“ leise Töne von Selbstironie zu vernehmen, aber das täuscht. Nach wie vor hat niemand Paul Draper lächeln gesehen, und nach wie vor weiß der Mann, wo Spandau sein Ballett hat, wie man einen Ton lerchengleich durch Wolkengebirge von Schwermut steigen und stürzen lässt, wie man Hollywood ins Wohnzimmer holt und was einsame Spät-Teenager an Regentagen brauchen.
Die Welt werden getragene, elegante Hymnen wie „We Are The Boys“ und das grandios verlorene „Soundtrack 4 2 Lovers“ nicht erobern; fraglich sogar, ob sich der Türsteher der britischen Top Ten noch an Mansuns Gesichter erinnert. Egal: „Boys have got feelings too“, und eigendich waren ihre Platten schon immer ein Fall zum Alleinehören, Schwelgen, Erinnern und manchmal ein bisschen Durchs-Zimmer-Hüpfen (bei geschlossenen Jalousien). Das kann man nun wieder guten Gewissens tun, ohne sich vor sich selbst zu schämen.