MARC COHN – Burning The Daze :: EASTWEST

Man hat sich daran gewöhnt, daß Bärte nichts Gutes verheißen. Steht der Schnauzbart für Proletentum und der Kinnbart für Hängertum, so kommt dem gestutzten Vollbart in der Popmusik die Bedeutung des Gepflegten zu. Neben Eric Clapton ist Marc Cohn der prominenteste Vertreter dieser Spezies, denn Mark Knopfler ist merkwürdigerweise bartlos, Chris Rea hat einen eher unkontrollierten Bartwuchs, James Taylor rasiert sich schon seit vielen Jahren, und Jon Bon Jovi wächst nur ein Milchbart (am Kinn).

„Burning The Daze“ ist einerseits eine sogenannte Comeback-Platte, andererseits eine Bart-Platte. Vier Jahre hat Cohn geschwiegen – und wurde nicht vermißt. Denn schon sein zweites Album „The Rainy Season“ war ein verläßlicher Ladenhüter im „Makromarkt“; an „Walking In Memphis“ erinnern wir uns mit derselben Begeisterung wie an seine Konzerte, die von unüberbietbarer Schläfrigkeit, ja Weggetretenheit zeugten. Über dem Erfolg des netten Menschen ist die Ehe des netten Menschen zuschanden gegangen. Deshalb ist „Burning The Daze“ noch etwas: eine Besinnungs-Platte.

Oder die eierlegende Wollmilchsau: die identitäts- und seelenlose Quersumme aus Jackson Browne, James Taylor, Bruce Hornsby und Bruce Springsteen abzüglich Talent Natürlich wäre Marc Cohn, das weiß man, lieber Randy Newman oder wenigstens Joni Mitchell, doch seine Lyrik treibt uns Tränen des Mitleids in die Augen: „Healing Hands“ und „Saints Preserve Us“ heißen seine Songs, Spiritualität von der Stange, dazu weichgespültes Piano-Gesummse, Arrangements aus dem Baukasten, seichtes Background-Gesäusel und vorgebliche Roots-Seligkeit mit pseudo-rustikalen Eagles-Reminiszenzen. Edle Muzak also. Marc Cohn sieht das anders: „Ich höre beispielsweise The Band sehr viel auf diesem Album.“

The Band, Marc, war die Band von Bob Dylan. The Band war Americana, Marc. The Band spielte in einem anderen Universum. Amerika ist für Dich nur das Land, in dem Du lebst. Und weil Du kein Geheimnis hast, erkennst Du auch die Geheimnisse dieses Landes nicht. Frage nicht, was Du für Dein Land tun kannst, Marc. Frage Dich, was Dein Land für Dich tun kann.

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