Maximo Park Too Much Information :: Es war ein besonderer Moment, als Maximo Park 2005 ihr Debüt „A Certain Trigger“ veröffentlichten. Als Teil des New-Wave-UK-Post-Punk-Revivals eröffnete die Band aus Newcastle eine ganz eigene Perspektive auf die Buzzcocks und The Jam, war clever, quirlig und hatte überragende Melodien. Die folgenden zwei Alben fand man hier und da enttäuschend, weil der Sound so kontrolliert wirkte, gelungene Lieder waren aber sehr wohl dabei. „The National Health“ (2012) drehte die Uhr gleichzeitig vor und zurück, Maximo Park kreierten einen manchmal derben Sound, der ans Debüt anschloss, hatten aber auch Raum für die mittlerweile gelernte großherzige Melancholie.

Jetzt wird alles wieder anders. Das neue Album, „Too Much Information“, sollte eigentlich bloß eine EP werden. Doch ohne den Druck einer regulären Produktion floss die Kreativität ziemlich ungehemmt. Ausfallschritt wird Hauptwerk: Das ist eine gute Ausgangsposition für überraschende Musik. Der Auftakt „Give, Get, Take“ schlägt den ersten Pfahl ein. Bei dem polternden, chaotischen Klangbild mit untergewühlten Trommeln, höhlenartig gemischtem Gesang und Synthies, die die Band wie Satelliten umschwirren, denkt man gleichzeitig an Traumbilder und an die DIY-Alben der frühen Wave-und (Post-)Punk-Szene. Wirkt das trotz der ungewohnten Kulisse noch vertraut, ist bei den folgenden zwei Songs die Verwandlung komplett. „Brain Cells“ und „Leave This Island“ sind dunkler Elektro-Pop.

Als wollte die Band sich und uns beruhigen, führen die nächsten Stücke auf bekanntes Terrain: „Lydia, The Ink Will Never Dry“ hat die hier typische Romantik, die Gitarren klirren mit honiggoldenem Twang, und der ja sehr belesene Smith singt von der amerikanischen Schriftstellerin Lydia Davis. „My Bloody Mind“ beginnt als schmatzender Punk-Rock, mündet aber in einen dieser wehmütig feierlichen Refrains, die Maximo Park leicht aus dem Ärmel schütteln. In ihnen steckt allerdings nicht nur der feste Wille, genau die Musik zu spielen, die aus der eigenen Mitte entsteht, sondern auch das Vermögen, zusammen neue Möglichkeiten zu entwickeln. Neugierde! Die gibt es hier zuhauf. Zum Beispiel beim zerrupften „I Recognize The Light“, in dem Smith wieder von Literatur singt -diesmal geht es um den Chilenen Roberto Bolaño. Man erkennt die Band praktisch nicht wieder. Und dann kommt noch ein kurzer Punk-Song mit schiefen Farfisa-Orgeln, ein schmachtender 50s-Buddy-Hollynoir-Heuler mit Uh-und Ah-Gesängen, ein Lied wie ein vergessenes Demo von Depeche Mode und Billy Idol.

Das Album ist wie eine nächtliche Fahrt durch London oder Newcastle oder Manchester, wir sind die Getriebenen, der Morgen kommt, dann wieder die Nacht, alles ist gleichzeitig bittersüß und wehmütig, reflektiert und flehentlich. „We used to drink the river bed dry“, singt Smith im blinkenden Licht der Neon-Reklamen, „We act as if the people we were are gone/ But echoes remain.“(Universal)

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