Michael Hurley – Parsnip Snips

Townes Van Zandt sei die Antithese zu allem Industriellen, hat Paul Zollo in „Song Talk“ einmal treffend formuliert. Dasselbe gilt nicht minder für Michael Hurley. Auch Hurley hat sich nie nötigen lassen, auch er hat sich nie gebeugt Noch 32 Jahre nach seinen „First Songs“ pflegt er unbeirrt den aufrechten Gang. Begriffe wie „Modernität“ sind ihm von jeher suspekt, verbirgt sich doch hinter jeder eifernden Semantik schnödes Zweckdenken und, more offen than not, Raffgier. Auch der Digitalismus ist nur ein weiteren Triumph der Zweckdienlichkeit über Schönheit und Wahrheit, und nirgendwo wird das eklatanter als in der Musik. Es ist nicht einmal Musik, weiß Neil Young, sondern Einsen und Nullen, was da als Industrienorm alles unterpflügt und nivelliert.

Hurleys letztes Album, „Wolfways“, wurde dieser Norm geopfert. Und weil der trendresistente Eigenbrötler auf einen CD-Player gern verzichtet, stellte sich darob nicht eben Freude ein. Mit „Parsnip Snips“ kann ihm das nicht passieren. In den Jahren 1965 bis 1972 mit einer der legendären Wollensak-Tonbandmaschinen mono aufgenommen, haben diese in ihrer Mehrheit ursprünglich nicht zur Veröffentlichung bestimmten Tracks inzwischen Patina angesetzt. Das wohltuende, kaum merkliche Grundrauschen verschmilzt das Pling und Schnarren der akustischen Gitarre mit entfernten Kinderstimmen. Das hat mehr Präsenz und Wärme, als man durch Oversampling je erreichen könnte.

Deshalb spricht Neil Young von „the dark ages of sound production“ und meint das Hier und Heute. Wie viele andere entflieht Hurley diesem digidunklen Zeitalter und scheißt auf den Markt, wie dieser schon immer auf ihn geschissen hat. Und so gibt es die LP nur auf Vinyl, in der geringen Stückzahl von 3333 Exemplaren. Das dürfte reichen, denn „Snips“ ist nur für den harten Kern der Hurley-Verehrer.

Die Songs sind schrulliger noch als auf seinen regulären Studio-Alben, mal spielt er die Mundtrompete, mal besingt er einen abscheulichen Schneemann: „Misery that’s all he knows.“ Und dann bricht er, bald singend, bald krächzend, einen Streit vom Zaun mit einer alten schwarzen Krähe. Anderswo beschwört er Eulen, Hunde und, einmal mehr und wie immer sehnsuchtsvoll, Polynesien. A kind man and his guitar a long Iong time ago. Mehr braucht’s manchmal nicht.

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