Michel Houellebecq :: Gestalt des letzten Ufers

Drei Jahre, nachdem der bekennende Misanthrop Michel Houellebecq mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde, zeugt dessen letzter und nun auf Deutsch erschienener Lyrikband „Gestalt des letzten Ufers“ von Depression und Aporie. Es ist ein Lamento auf eine Zeit ohne Vision und Ziel. Von der bekannten Kampfeslust des Provokateurs gegen west­liche Konsum- und Spaßideologie ist nur noch wenig zu spüren. Houellebecq zeigt sich von seiner fragilen Seite. Melancholie und Trauer über eine Welt im Irrlauf prägen seinen Ton, er ist präzise, wahrhaftig und ganz dem Schopenhauer’schen Denken verpflichtet: „Es gibt nicht mehr als Leid.“ Dennoch schimmert in den nun von Stephan Kleiner und Hinrich Schmidt-Henkel stilsicher übersetzten Miniaturen auch ein Sternenleuchten am dunklen Firmament auf. Dem sinnlosen Dahintreiben des Menschen stellt der Dichter das Arkanum der Liebe entgegen, deren einstiges Lodern er in zarten Erinnerungsbildern konserviert. Fazit dieser bewegenden Seelenintrospektive: „Es gibt, inmitten der Zeit,/ Die Möglichkeit einer Insel“, nämlich die der Poesie selbst.  (Dumont, 18 Euro)

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