Midnight Choir – Waiting For The Bricks To Fall :: Glitterhouse
„Nach Amsterdam Stranded“, dem vorletzten Album, kürte man das Trio daheim zur „Rockband des Jahres“. Das mutet angesichts des vorliegenden Albums abstruser denn je an, selbst die Eigenheiten der norwegischen Musikszene eingerechnet. Hatte der Vorgänger „Unsung Heroine“ noch begrenzt Pop-Bewegung signalisiert, so scheint es Midnight Choir auf „Waiting For The Bricks To Fall“ nur noch um das konzentrierte Einfrieren von Seelenlandschaften in Moll-Messen zu gehen. Emotions on the rocks – gut gerührt, bis es einen schüttelt.
Ihrem Prinzip, sich für jedes Album an einen anderen Ort zu bewegen, ist die Band gleichwohl treu geblieben. Nach den USA (Fredericksburg, Seattle), Lissabon und Ljubljana bauten die Stamm-Produzenten Chris Eckman und Phill Brown ihr Equipment diesmal in Prag auf, wo Tim Friese-Greene (Talk Talk) nicht weniger als 21 Streicher aus lokalen Orchestern und Kammerensembles dirigieren konnte. Wie gut die zu Sänger Paal Flaata passen, demonstrieren gleich mehrere Titel, zwischen dunklem Raunen („Will You Carry Me Across The Water?“) und ergebenem Schwelgen („Requiem“). Flaata ist das Instrument, mit dessen Qualitäten Autor AI De Loner alias A. Byström virtuos-vertraut spielt. Nur einmal tauschen sie die Rollen. Was dem Album kurioserweise den einzigen Fast-Pop-Moment beschert, wenn De Loner hilflos eine gewisse „Mrs. Donald“ anbetet.
Kaum Bewegung, keine Dynamik? Mitnichten. Aufgebracht, ja außer sich rekapituliert Flaata ein wogendes „Last Chapter“. Das ist dann wohl doch noch Rock. Und das Traditional „Motherless Child“ verwandeln Midnight Choir zur spukenden Lautmalerei, in die eine Stimme wie vom Anrufbeantworter spricht: „I had six break-downs and six different jobs.“ Da sind die Ziegel wohl schon gefallen.
Das ganz große Finale aber bleibt Paal Flaata vorbehalten. „Long Time Ago“, sechs Zeilen über den Segen des (Fast-) fergessens, überfuhrt sein Thema in eine fast zehnminütige Andacht inklusive Orgel und Chor. Und schließlich fühlt der Progatonist – gar nichts mehr. Auf dem Cover gibt es vorab schon die Warnung: „Some of die emotions displayed in die music may not be suitable for everyone.“ Ist das norwegischer Humor?