Nachtflug :: Die bescheidenen letzten Alben des größenwahnsinnigen Wieners

Durch Misserfolg gestählt, zynisch immer schon gewesen, aber nicht mild geworden, gab Falco 1992 den alternden Römer, Graf Dracula oder Dr. Josef Goebbels. An Trivialmythen trug er zusammen: die Titanic, Mephisto, Rastaman Vibration, den Wendekreis des Krebses, Cadillac, Armani, die Monarchie sowieso. Noch einmal warfen die Bolland-Brüder in Holland die Effektmaschine an, und Falco wienerte und salbaderte sich durch das bombastische Programm, das damals etwa so gut in die Pop-Flora passte wie „Das weiße Rössl“. Wie die Zeitgenossen diese anachronistische Bizarrerie wohl aufnahmen, fragt man sich – obwohl man selbst Zeitgenosse war. Er hatte halt keine Hits mehr. Aber er reimte noch immer: „Insulana bin i kana.“

Das Nachspiel war dann „Out Of The Dark“ (*¿), das nicht wie ein fertiges Album wirkt. „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“, die unwitzige Blödelnummer von 1995, steht neben Hilflosigkeiten wie „Der Kommissar 2000“, groteskem Kitsch wie „Out Of The Dark“ und Eitelkeiten wie „Egoist“. Innerhalb eines Jahrzehnts war Falco zum Gestrigen geworden, hatte den neuen Bowie noch nicht adaptiert und zum Dancefloor nichts mehr beizutragen. In der Dominikanischen Republik war allzu oft der Mann mit dem Koks da, und die Rabitsch-Brüder und andere Wohlmeinende saßen dahoam und wurden nicht gefragt. Auf der zweiten CD gibt es nicht weniger als acht Remixes von „Naked“. Der Nachruhm erfasste dann auch Falco, den arrogantesten, narzisstischsten, einsamsten Hallodri von allen. „Muss ich denn sterben, um zu leben?“: Das hatte ein Texter für ihn gedichtet. (EMI) arne willander

The Jam

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