Nuggets von Jörg Gülden
So muß er sein, der Oktober. Voller reifer Früchte (Alben), die einen den Sommer leichter vergessen lassen. Wie etwa „Last Stand In Open Country“(Discovery 77046) von den FARM DOGS. Hinter diesen Vierbeinern verbirgt sich (wer sich mit Schrekken abwendet, begeht einen Fehler) ein Projekt von Elton Johns Texter-Buddy Bernie Taupin. Völlig schmalzfrei legt er – unterstützt u. a. von Jim Cregan und Robin Le Mesurier – ein akustisches Album hin, das dank der dreistimmigen Harmony-Vocals seinesgleichen sucht. Wer das Kapitel „Lagerfeuermusik“ mit CSN bereits voreilig ad acta gelegt hatte…
Als MARSHALL C RENSHAW anno ’82 sein gleichnamiges Debüt veröffentlichte, da hatte er mit „Someday, Someway“ gleich einen Hit und die Sparte „modern pop“ einen neuen Gitarren-Messias. Doch nach „Good Evening“ von ’89 verflachte der Wunderknabe zusehends und schien ein erledigter Fall zu sein. Daß man schiefer nicht liegen kann, belegt Crenshaw nun mit „Mi-racle Of Science“ (Razor & Tie RT 2823-2). Kompositorisch liegt er auf Andy Partridge-Level, doch die Gitarre spielt er in seiner eigenen Liga. – Die Totengräber des Pop weiden hier zu staunenden Zeugen seiner Auferstehung…
Fast ein Vierteljahrhundert halten die NIGHTHAWKS aus Washington/D.C. den Namen des alten Arkansas-Bluesers Robert Nighthawk in Ehren, und trotz beinahe 20 Alben klingen sie auf „Pain & Paradise“ (Zensor BM1030) so frisch und experimentierfreudig als sei’s anno 72. R & B, Boogie, Blues und Rock’n’Roll sind die Koordinaten der Nighthawks, und folglich verträgt sich dann auch Zappas „Trouble Comin‘ Every Day“ allerbestem mit Willi Dixons „Same Thing“. Oder um’s mit John Lee Hooker zu sagen: „Ich arbeite gerne mit den Nighthawks, denn sie bringen Schwung in die Bude.“
Aus dem schier unerschöpflichen Reservoir der kalifornischen Singer/ Songwriter-Szenerie stammt RORY KUNKLE – mit dem kleinen aber feinen Unterschied, daß er zwar der Singer ist, das Songwriting aber seinem Bassisten Fran Smith Jr. überläßt. Auf „“For No Apparent Reason“(Moskeeto 708974111127) schafft Kunkle mit lockerem Händchen und starker Stimme jenes Feeling, welches guten Westcoast-Platten zu eigen ist Und die beiden exzellenten Gitarristen Jack Sherman (u. a. bei Bob Dylan) und Keith Mack (Ex-Scandal) setzen diesem starken Album die Krone auf. Anspieltip: „Generals In Space“.
Wenn man so Freunde wie James Taylor, Linda Ronstadt, Lyle Lovett oder Jackson Browne hat, dann sollte es nicht schwer sein, ein Album wie „The Way It Is“ (Countdown 77737-2) auf die Beine zu stellen. VALERIE CARTER hat diese Freunde, und da sie mit ihren Backgroundvocals den LPs dieser (und vieler anderer) Herrschaften den letzten Schliff verpaßte, lag es auf der Hand, daß sich die Stars bei ihrer dritten LP auch mal erkenntlich zeigten. Obige US-Nomenklatura, plus Musiker wie Scott Plunkett, Mark Goldenberg und Kevin McCormick, plus Titel von Neil Young, Van Morrison, Tom Snow oder Jackson Browne machen „The Way…“ zu einer Platte, die sich jeder Verfechter der Sparte „gute Rockmusik“ ungehört anschaffen kann – und sollte.
Schön, wieder einmal von Nick „The Greek“ zu hören. Seine neue Band heißt NICK GRAVENITES & ANIMALMIND. und mit „Don’t Feed The Animals“ (TAXIM 1020-2 TA) spielt er psychedelischen Westcoast-Blues der Güteklasse A. Nick (Gesang und Gitarre), Mark Adams (Harp), Doug Killmer (Baß) und Roy Blumenfeld (Drums) verblüffen bei den zehn Eigenkompositionen und dem Cover von Big Bill Broonzys „Key To The Highway“ mit einer Sparsamkeit und Effizienz, wie man sie seit den Tagen von Blues Project kaum noch gehört – und schwer vermißt hatte. Kult!
Zum Schluß noch ein Schmakerl für die PETER HIMMELMAN-Fans unter uns: „Stage Diving“(Plump 6903-2) zeigt den Meister live mit seinen besten Songs in bester Form. Wem dabei nicht das Herz aufgeht, der muß von der IG Todesmetall sein.