R.E.M. – Accelerate :: Eher lärmend als mystisch: Konzise Songs der großen Überlebenden

Offenbar waren viele Menschen zufriedener mit „Around The Sun“ als die Musiker selbst. Aber welchen Bestand hat wohl „Monster“, haben „Up“, „New Adventures In Hi-Fi“

und „Reveal“? Alles Platten, die lauwarm besprochen, mäßig verkauft und bald im Repertoire versteckt wurden. Von jeweils zwei, drei Stücken abgesehen.

Wenn R.E.M. jetzt also rocken, ist das auch ein volatiler Verzweiflungsakt. Niemand wird die unerreichbare Grandezza und Brillanz von „Automatic For The People“ erwarten- dem Charakter nach kann „Accelerate“ nur ein Bruder von „Monster“ sein. Kurze, konzise Songs hatten sie versprochen, und sie haben Wort gehalten. Das funktioniert auch ordentlich bei „Mansized Wreath“ und „Supernatural Superserious“: die Byrds im Schweinsgalopp mit Chorgesang. „Hollow Man“ ist grüblerischer Stipe mit hymnischer Melodie, das wunderbare, von einer alarmistisch tönenden Orgel getriebene „Houston“ in dem eine kleine Verbeugung vor Jimmy Webb verborgen ist: „Galveston in that song that I love.“

Manchmal, etwa beim lärmenden „Accelerate“, denkt man an Hüsker Du —- tatsächlich ja Zeitgenossen vonR.E.M., die bis 1987 mit ihnen um den Titel der besten amerikanischen Rockband stritten. Aber so plan und fad wie das betulich leiernde „Until The Day Is Done“, die Attacke „Living Well’s The Best Revenge“ (klingt wie ein Titel aus der Dichterstube von Stephen Patrick Morrissey), die Sixties-Psychedelik von „Mr. Richards“, das krachlederne „Horse To Water“ und das überdrehte „I’m Gonna DJ“ waren beide Bands in ihrer großen Zeit selten. Nur „Sing For The Submarine“ erinnert noch einmal an die mystischen, die nebulösen R.E.M.. Das Überleben ist für sie zu einer Aufgabe per se geworden.

Fünfeinhalb Songs ins Töpfchen, der Rest ins Kröpfchen.

Bald wird ihnen „Accelerate“womöglich auch nicht mehr so gut gefallen.

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