Replays 1 von Franz Schöler

Parallel zum Comeback-Album „Gone Again“ sind von PATTI SMITH auch die vorausgegangenen fünf Platten aus den Jahren 1975 bis 1988 in neuen CD-Überspielungen wiederveröffentlicht worden. Verpflichtet hatte man dafür dasselbe Sony-Techniker-Team, das kürzlich die Remix/Remaster-Versionen der frühen Byrds-Platten (vgL RS 6/96) mit so fabelhaften Ergebnissen produziert hatte – allerdings ohne daß man den Herrn Irwin und Anesini carte blanche gegeben hätte, die Multitracks neu abzumischen. So zeichnen sich die Neuüberspielungen dort, wo es die Bänder von der Aufnahmequalität her hergeben, zumindest durch ein geringfügig „luftigeres“, weniger „flachiges“ Klangbild als beim 16bit-Prozeß zuvor aus. Insbesondere das Debüt „Horses“ (Arista 18827 2, 5,0 ) war allerdings auch schon im ersten CD-Transfer dem originalen US-Vinyl-Umschnitt in puncto Klangqualität deutlich überlegen gewesen. Im Fall des nahezu genauso herausragenden „Easter“ (18826 2, 4,5 ) wiederum sind die Unterschiede zur Electrola-Pressung bestenfalls marginal. Was die sieben aus dem Archiv unters Laserlicht beförderten Bonus-Tracks betrifft, so dürften die beiden Balladen, mit denen „Dream Of Life“ (18828 2, 3,5) endet, und der fulminante Live-Mitschnitt des Who-Klassikers „My Generation“ die bemerkenswertesten sein. Jedenfalls wird letzterer dem Geist der Vorlage zweifellos mehr gerecht als die etwas fade Cover-Version von „So You Want To Be A Rock ’n’Roll Star“ auf dem „Ware“-Album von 1979 (18829 2, 3,0 ). In dieser Interpretation wurde die Townshend-Hymne definitiv zum Punk-Rock-Evergreen umfunktioniert. Im wesentlichen original übernommen wurde die Cover-Art der LP-Vorlagen; linernotes für nachgeborene Fans hielt man leider offenbar für überflüssig.

Die findet man – knapp, aber immerhin – auf den klangtechnisch generalüberholten CD-Neuauflagen sämtlicher DIRE STRAITS-Platten – mit Ausnahme der „Twisting By The Pool“-EP. Die kann man ohne Übertreibung als eine klangliche Offenbarung der höchst erfreulichen Art preisen! Mastering-As Bob Ludwig überspielte die mit größter Sorgfalt in Sony SBM II Prozeß von den Ur-Bändern so vorzüglich, daß sich die ersten CD-Ausgaben zumal der frühen Dire Straits-Produktionen dagegen teilweise wie stümperhafter Pfusch ausnehmen. Ausnahmslos alle LPs von „Dire Straits“ (Vertigo 800 051-2, 4,5) waren nämlich beim Premastering für CD teilweise völlig idiotisch „beschnitten“ worden. Sieben der neun Aufnahmen auf „Communique“ beispielsweise (800 052-2, 3,0) waren um drei bis zehn Sekunden früher ausgeblendet, vier der sieben Songs von „Making Mories“ (800 050-2, 3,5 ) sogar um 6 bis 22 Sekunden willkürlich gekürzt worden. Die von Ludwig in ursprünglicher LP-Länge restaurierten CD-Remaster dürften allenfalls überzeugte Analog-Freaks verstimmen. Denn jetzt klingt „Love Over Gold“ auf CD erstmals mindestens so phänomenal wie auf dem Vinyl-Umschnitt desselben Robert Ludwig von 1982. Und „Brothers In Arms“ (824 499-2, 4,5) gar noch ein Quentchen besser… (Übrigens: Remaster an Sticker erkennbar!)

Was man wiederum – allem PR-Pomp auf dem Cover zum Trotz – von der Jubiläums-Edition des JETHRO TULL-Bestsellers „Aqualung“ (Chrysalis 852213 2) leider nicht behaupten kann. Angeblich hatte man hier erstmals nach Jahrzehnten das verschwundene Ur-Band wiedergefunden. Dennoch bleibt Tatsache: Die ersten Vinylpressungen seinerzeit boten die höhere Klangqualität. Ganz zu schweigen von der legendären MFSL-Halfspeed-Überspielung, die offenbar eines der kostbarsten Sammlerteile der LP-Ära geworden ist: Weil sie unendlich besser klingt als das jetzt mit „Super Noise Shaping“ prozessierte CD-Remaster von 1996! Musik: knapp 4,0, Überspielqualität bestenfalls 2,5

Eine ausgesprochen höchst-fidele Angelegenheit ist das WHO-Album „Quadrophenia“ (Polydor 531 971-2) trotz komplettem Remix der Multitrack-Session-Bänder auch nicht geworden. Die klanglichen Verbesserungen sind trotzdem vergleichsweise dramatisch. Nicht nur daß die Vokalaufhahmen ungleich präsenter kommen im teilweise total verändernden Remix; auch die instrumentale Abbildung ist vom volleren Baß/Grundtonbereich bis zu den oberen Mitten weit besser und stimmiger ausbalanciert. Komponist Townshend war dem Vernehmen nach darüber so entzückt, daß er vielen Freunden und Bekannten umgehend CD-„Anpressungen“ schickte. Musik in diesem Fallsatt. 4,0 ,Überspielungglatte 5,0. Das Gesamtwerk der meist melancholisch bis höchst depressiv und fast selbstmordgefährdet gestimmten Singer/Songwriter-Legende JESSE WINCHESTER liegt seit kurzem komplett wiederveröffentlicht vor, als Kanada-Import lieferbar über die einschlägigen Spezialisten hierzulande. Die nachdrücklich empfehlenswerten sind immer noch sein Debüt auf dem Pampex-Label „Jesse Winchester“, Stony Plain SPCD 1198, 5,0 ), das 1977 erschienene „Nothing But A Breeze“ (SPCD 1217,3,5 ) und das in seiner ursprünglichen Heimatstadt aufgenommene „Talk Memphis“ (SPCD 1227, 4,0 ). Anders als Kollege Don Van Vliet (alias Cpt. Beefheart) schreibt Winchester gelegendich noch Songs für richtige Erfolgsinterpreten, damit der Schornstein seiner bescheidenen Hütte raucht…

Sowohl AL GREEN als auch ANN PEEBLES singen nicht mehr nur zur Ehre des Herrn oder in der Küche, sondern manchmal wieder im Plattenstudio – und dort oft so gut wie in legendären Hi Records-Zeiten, Dieselben dokumentiert in ganz vorzüglicher Auswahl die 4-CD-Box „Hi Records -Royal Memphis Soul“ (HiBook 11/Edel Contraire). Der ebenfalls noch aktive Hi-Boß Willie Mitchell ist hier verblüffend spärlich, der an seiner Drogensucht zugrunde gegangene O.V. Wright erfreulich oft vertreten. Für Dissertationen über den so unverwechselbaren wie berühmten „Hi Sound“ bietet dieses Box-Set eine hervorragende Grundlage. 4,5

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates