Replays 2 von Bernd Matheja

Die Wiederveröffentlichungs-Politik in Sachen Frühwerk der ROLLING STONCS ähnelt Bonn & Co.: schlechte Qualität, alles vermanscht. Hoßen also auf Kuriosa und Raritäten jüngeren Datums. „Jamming With Edward“ (Virgin CDV 2779) ist ein Anfang. Der zufällige Session-Mitschnitt von 1968/69 mit den Herren Jagger, Watts und Wyman sowie Nicky Hopkins und Ry Cooder dient Stein-Sammlern als Ergänzung. Das 37minütige, bluesige Geschrubbe muß nichts halten, weil noch weniger versprochen war. Zum Mid-Price gut für: 2,5

Noch immer brüten anonyme Gesäße des Atlantic-Labels (oder irgendwelche Anwälte) auf „River“, dem kleinen Meisterwerk von TERRY REID. Begnügen wir uns derweil mit „Seed OfMemory“ (Edsel EDCD 425) von 1976. Der Extrem-Vokalist, der Jobs bei Led Zeppelin und Deep Purple ausschlug, setzt hier intensiv auf Ländliches. Producer Graham Nash gestattete eine Basis-Flut per akustischer Gitarre, was der Scheibe erhebliche Aktualität verleiht. Mit David Lindley, Ben Keith. Auch 1995 gut anzuhören. 3,0

Sechs Singles: Gesamtwerk. Das gilt für die ESCORTS aus Liverpool. Alle zwölf Titel befinden sich auf „From The Blue Angel“ (Edsel EDCD 422). Schlappe 28 Minuten Beat der leicht gehobenen Sorte, mit vereinzelten Vinyl-Umschnitten. So rar wie verzichtbar. 2,0

Skurrilitäten-Kiste, gaaaanz unten: 24 Tracks des ehemaligen Abanori-Labels aus Fürth. Definitive Ungeheuerlichkeiten aus den Sechzigern, etwa zwölfmal Mike Roger alias Hermann Glöckler, die weltweit einzige Sangeskreuzung aus Captain Beefheart und Box-Birne Peter „de Aap“ Müller; dazu die Fidelios, feat Fredi Schukheiß, ein Nürnberger Harmonika-Trio; ferner die Safeknackers, Iguana Sound (Abhotter aus dem Noris“Cafe Meißner“!) und eine Handvoll anderer Lokalgrößen. Deutsch-englischer Slop 8C Roll, der sogar Barfußläufern die Schuhe auszieht. „Abanori – Slop & Pop“ (GeeDee 270111/TIS) ist die erste Kult-CD des 23. Jahrhunderts, die jede Sternchen-Artung sprengt.

Die GODS um Ken Hensley bewegten sich 1968/69 auf der Schnittstelle von verspäteter Flower-Power und verfrühtem Progressiv- Rock. So wirkte denn auch ihre zweite LP „To Samuel A Sott“ (Repertoire REP 4555) eher unentschlossen – mit reichlich Georgel und Chor-Ansätzen, wie Hensley sie später Uriah Heep verpaßte. Nicht sooo aufregend. 2,5

Blues aus England von der JOHN DUMMER BAND „Nine By Nine“/Indigo IGOCD 2021) und von DUSTER BENNETT („Out In The BW/Indigo IGOCD 2018). Seltenes Material aus den Jahren 1965-76, illustre Gäste/Mitglieder wie Peter Green, Top Topham, Bob Hall, Dave Kelly. Auch wenn der ganz große Funke dieser Archiv-Ausgrabungen nicht zündet: solide Zwölfakter und gute solistische Leistungen mit jeweils über einer Stunde Laufzeit. Beide 3,0

Leider viel zu selten (oft wegen rechtlicher Querelen) sind Crossover-Kopplungen von Tbp-Instrumentalisten – wie von PHIL MANZANERA, dem Axeman außerhalb aller Schubladen. „The Montanem Collection“ (2CD/Virgin 72438 40462) präsentiert den unauffälligen Ausnahme-Gitarristen solo, mit Roxy Music, 801 Live, Tim Finn, John Wetton, Robert Wyatt, John Cale, Nico und anderen. Seine (Gast-)Auftritte erhoben viele der 31 Titel (1973 bis 95) erst zu Glanznummern. Sehr stark dabei: Manzaneras Kooperationen neueren Datums mit Kollegen aus Südamerika. 4,0

POLLY BROWN erstmals auf CD: mit 23 Titeln als Solistin bzw. Sängerin von Pickettywitch und Sweet Dreams. 76 Minuten Seventies-Pop, hochkommerziell. Ebenso erfolgreich wie oberflächlich, blieb die Lady trotz fünf Chart-Notierungen letztlich eine Randnotiz der Historie (rpm 143). 2,0

Wenn einer – wie ROY HARPER – rund vier Doppelzentner LPs veröffentlicht hat, kann jede auch noch so gut gemeinte Zusammenstellung mit 13 Tracks keine „Introduction To…“ (Science Friction HUCD 017) sein. Dafür können aber weder der inzwischen 54jährige Folk-Rock-Exzentriker noch seine süperben Songs etwas. Der Mann, zu dessen Mentoren Jimmy Page, David Gilmour, Chris Spedding und Kate Bush gehören, schwankt bisweilen zwischen Genie und Grütze, hat seine Leitlinie aber nie verlassen: abseits aller Gleise, mit Beiß-Texten und glänzender Gitarrenarbeit. Fazit: Compilation probieren, Geschmack finden und die Einzel-CDs besorgen. 4,0

1968 sang Rod Stewart die „Führerstimme“ für drei Titel, die dann von der australischen Band Python Lee Jackson nachgespielt werden sollten. Die Aussies legten aber nur noch sieben Songs nach, bauten Rods (starke) Demos einfach ein. Die drei Tracks, von denen „In A Broken Dream“ sogar ein Nr2-Hit in England war, sind seitdem diverse Male verwurstet worden. Jetzt ist auch die komplette Python-LP als CD aufgetaucht: zum Billigstpreis und unter dem irreführenden (aber besser verkäuflichen) Titel ROD STEWART, „Turn The Music Down “ (Pilz 445879)3,0

Wetterleuchten für Komplettsammler der Beatles & Co.: Die beiden ersten Langteller (1970) von RINGO STARR sind da. Für „Sentimental Journey“ (EM 7 98615), eine Kollektion von Vorzeit-Standards, wurden Arrangeure wie Quincy Jones, Maurice Gibb und Eimer Bernstein bemüht. Das Resultat gehört auch mit viel Abstand betrachtet in die Abteilung „Schwamm drüber“; Ringo konnte Stoffe wie diese einfach nicht singen. Mit Wohlwollen: 2,0

Viel besser hingegen gelang das Album „Beaucoups Of Blues“ (EMI 8 32675), eigens komponierte Country-Songs, eingespielt in Nashville (mit Charlie Daniels, Ben Keith und Pete Drake). In dieser Stimmlage fühlte sich Starr merklich wohler. Als gesuchte Bonus-Tracks wurden die Single-B-Seite „Coochie Coochie“ und der instrumentale „Nashville Jam“ hinzugefügt Solide, glaubwürdig. 3,0

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