REPLAYS1 von Franz Schöler
Obwohl noch reichlich rares Material zur Verfügung gestanden hätte, mochte man im Who-Lager die Neuausgabe von „Odds & Sods“ (Polydor 539 791-2) am Ende doch nicht auf zwei CDs erweitern. Mitsamt einem Dutzend zusätzlicher Tracks ist das auch so eine Sternstunde in der Remaster-Edition der WHO geworden! Als Bonus findet man da unter anderem „Under My Thumb“ und die erste Single-Fassung von „Mary Anne With The Shaky Hand“ in Stereo-Remixes, unveröffentlichte frühe Studio-Einspielungen von Motown-Klassikern („Baby Don’t You Do It“, „Leaving Here“) und großen Eddie-Cochran-Songs (wie „Summertime Blues“ und „My Way“) sowie fabelhafte Altemariv-Frühfassungen von „Pure And Easy“ und dem „Ybung Man Blues“. Was das Plättchen zum absolut unverzichtbaren Sammlerteil macht, ist die schier sensationelle neue Klangqualität der 23 Aufnahmen. Andy Macpherson hat nämlich ausnahmslos alle (selbst die für das Who-Box Set neu gemischten!) Aufnahmen in phänomenalen, teils deutlich abweichenden Remixes produziert. Beispielsweise „Put The Money Down“ als längere Version; „I’m The Face“, „Faith In Something Bigger“ und „Naked Eye“ in komplett «arrangierten Mixes, „Little Billy“ und „Glow Girl“ in ganz andere Tonhöhe transponiert usw. Manche der ursprünglichen Mischungen klingen dagegen nur noch wie ganz dürftige Demos. Die Frage, ob solche drastischen tonmeisterlichen Änderungen auch legitim sind, erledigt sich angesichts der jetzt gebotenen Klangqualität von selbst Neben der Beatles;^4nthology“ und Dylans Jiootleg Series“-Box Set ist das neue „Odds & Sods“ ein kaum weniger faszinierender Raritäten-Nachlaß! 4,5
Ziemliches Pfuschwerk sind leider weithin die Remaster der ersten fünf Pye-LPs der KINKS. Während es das Debüt wie auch „Face To Face“ und „Something Else By The Kinks“ in den USA in den allseits beliebten Stereo-Mixes zu kaufen gibt, hat man sich im Kinks-Lager rätselhafterweise entschlossen, die als Mono-CDs wiederzuveröffentlichen. Und trotzdem das US-LP-Cover von „You Really Got Me“ mit dem nicht zu übersehenden Vermerk „Stereo“ abzubilden! „Tin Soldier Man“ taucht nur in der verstümmelten, nämlich gekürzten Version auf. Und als wollte man die Käufer auch noch verspotten“ erklingt der Bonus-Track von „Lazy Old Sun“ nicht mal im ausdrücklich versprochenen Stereo-Mix, sondern in astreinem Mono. So foppt man Fans. Die werden diese immerhin preiswerten Plättchen am Ende wohl doch kaufen. Wegen der 42 (in Worten: zweiundvierzig) ganz wunderbar und endlich viel besser überspielten Bonus-Tracks. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben: Auch „The Kink Kontroversy“ lohnt wegen des Klassen besseren Remastering den Kauf. Ansonsten: besser keine Wertungen!
Vollends indiskutabel schließlich: die von THEM wiederveröffentlichten Original-Longplayer „The Angry lfoung Them “ (Deram 844 824-2) und „Them Again “ (844 825-2) – in der Frequenzbalance weithin stark verfärbte Mono-Mixes. Gegenüber den von Jon Astley für das Doppel-Set produzierten Remasters klingt Van Morrisons Stimme hier oft so, als leide er unter heftiger Grippe und Schnupfen. Wer immer diese Überspielungen verbrochen hat, ließ wohlweislich seinen Namen nicht abdrucken. 1,0
Schieren Wohlklang der absolut naturbelassenen Variante bietet dagegen das endlich auch hierzulande wiederveröffentlichte „Spirit & The Blues“ von ERIC BIBB und seiner Band NEEDED TIME (opus 3 CD 19401). Ähnlich wie Corey Harris oder Keb’Mo‘ üben diese Folk-Blues-Fundamentalisten ihr Handwerk mit soviel Überzeugung wie mit virtuosem Können aus – auch und vor allem Bottleneck-Maestro Göran Wennerbrandt, der heimliche und eigentliche Star auch auf dem 1997 publizierten Eric-Bibb-Album „Good Stuff“. Zu Recht galt das manchem als Blues-Album des Jahres! Mit 15 ganz vorzüglichen Aufnahmen war „Spirit & The Blues“ das wohl noch einen Tick vielseitigere Meisterwerk. 4,0
Blues hatte auch TED HAWKINS Zeit seines Lebens gern gespielt und gesungen. „The Next Hundred Years“, sein erstes Erfolgs-Album, war auch sein letztes. Wenig später raffte ihn ein Infarkt dahin. „Suffer No More -The TedHawkins Story“ (Rhino 8122-72956-2/TIS) ist die ideale Gelegenheit, den Mann erstmals kennenzulernen. Der sang anfangs noch verblüffend ähnlich einem Little Richard und Sam Cooke, bevor er sein schließlich unverwechselbar eigenes Timbre entwickelte. Nicht die „Best of-Nachlese, die man vielleicht erwartet hätte, aber ein Sammlerstück wegen der zahlreichen Single-, Live- und Privataufnahmen. 3,5
Die Geschichte des „Philly-Soul“ rekapituliert anhand der allerwichtigsten Aufnahmen, kondensiert zu einem 3-CD-Box Set, „The Philly Sound -Kenny Gable, Leon Huff & The Story OfBrotherly Lore (1966 -1976)“ (Epic Legacy Z3K 64647). Die frühen Frust-Jahre des berühmten Produzenten-Ge spanns ließ man lieber außen vor, die glorreichen Erfolgsjahre ab 1972 sind es natürlich, die hier mit den zeitlosen Ohrwürmern der O’Jays, Harold Melvin & The Blue Notes, Three Degrees, Trammps und den anderen phänomenalen Sangestalenten der Philadelphia International-Schmiede dokumentiert sind. „Grammy“-verdächtig: die komplette Text-Dokumentation im allgemeinen und diverse Liner Notes-Beiträge sachverständiger Autoren im besonderen. Daß hier in puncto Retnastering allererste Qualität geboten wird, versteht sich von selbst. 4,5
Das populärste und weithin als bestes gelobte Werk des Jefferson Airplane-Ablegers HOT TUNA wurde mittlerweile auch als Hochbit-Remaster neu aufgelegt „The Phosphorescent Rat“ (RCA/ARIS 6367564-2) war das vierte Werk des Duos Casady und Kaukonen und markierte klar den Bruch mit den Jahren des Blues- und Folk-Purismus. 3,5
Absolut komplett findet man die späteren Capitol-Jahre von DEAN MARTIN auf dem zweiten von Bear Family Records vorgelegten 8-CD-Box Set, betitelt Jteturn To Me“ (BCD 15959). Ganz wunderbar hier: der Essay von Billy Vera über „The Incomparable Dino“, der mal Elvis‘ großes Vorbild war, Und die tollen Schnappschüsse aus den glorreichen Jahren.4,0