Replays1 von Franz Schüler
Von demselben Country Blues-Giganten SKIP JAMES, der unter anderem auch Robert Johnson nachhaltig beeinflußte, den meisten Lesern dieser Zeilen aber vermutlich mittelbar durch die Cream-Cover-Version von „I’m So Glad“ bekannt sein dürfte, gibt es neuerdings bislang buchstäblich unerhörte Aufnahmen als Erstveröffentlichung. „Skip’s Piano Blues“ (Edsel EDCD 481/TIS) zwölf Ende Oktober 1964 live im Studio mitgeschnittene und nur vorsichtig restaurierte Aufnahmen – präsentiert den Gitarristen erstmals am Barrelhouse-Piano mit verblüffenden Gospel- (scheinbar dilettantischer „call and response“-Technik) und Jazz-Einflüssen. Gut die Hälfte hier sind Standards wie der „Four O’Clock Blues“; aber auch seinen legendären „22-20 Blues“ spielte Nehemiah James bei dieser Gelegenheit. Eine Trouvaille für Kenner! 4,0
Anders als der bekannte Italo-Western-Star hieß die Sängerin, die mit ihrem ersten Hit „Who’s Sorry Now“ weltberühmt werden sollte, tatsächlich Concetta Rosa Maria Franconero. Mehr als zwei Dutzend Erfolgsschlager machten die Interpretin mit dem Künstlerpseudonym CONNIE FRAN-CIS auch hierzulande über die Maßen populär. So bekannt in der Tat, daß man aktuell von ihr noch jede Menge Raub-CDs im Handel finden kann. Nachdem Bear Family Records vor einiger Zeit schon auf mehreren 5-CD-Box-Sets das Lebenswerk der Sängerin vorgestellt hatte, trimmte Polygram-Produzent Bill Levenson jetzt dasselbe mit tatkräftiger Hilfe des Stars auf 4-CD-Box-Set-Format (Polydor Chronicles 314 533 382-2/PMS-Import). Da ist jede der 118 Aufnahmen sachkundig dokumentiert und kommentiert, und das „Schmankerl“ für den Sammler sind die raren Stereo-Abmischungen mancher Songs. Ihr ganz privates Fazit von Mozarts „Cosi Fan Tutte“, bei uns unter dem Schlagertitel „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“ bekannt, gibt hier nur im originalen „Everybody’s Somebody’s Fool“! 3,5 „Souvenirs“ für Nostalgiker.
Auch Noah Kaminsky hatte sich frühzeitig überlegt, daß er unter diesem bürgerlichen Namen in Amerika nicht viele Platten verkaufen würde. Also arbeitete er zunächst unter dem Pseudonym Mark Lewis in derselben Brill Building-Schlagerschmiede in New York wie die jüdische Kollegin Carole King (alias Klein), bis er sich schließlich das Künstlerpseudonym NEIL DIAMOND zulegte und damit zwischen 1966 und 1982 eine phänomenale Serie von Top-Ten-Hits hatte. Die gibt es jetzt – und jede Menge Raritäten dazu – unter dem Titel „In My Lifetime“ (Columbia C3K 65013) in einem der optisch mit Abstand opulentesten Box-Sets überhaupt. fon ersten Demos und den berühmten Jeff-Barryund-EUie-Greenwich-Produktionen der frühen Jahre bis zu solchen Kitsch-Monumenten wie „You Don’t Bring Me No Flowers“ findet man hier alles, was der Meister handverlesen als Rückblick auf das bisherige Lebenswerk dokumentiert wissen wollte. Wenn ich das sicher mit Bedacht ausgewählte Cover-Foto richtig deute, wollte er insgeheim immer so zeitlos grandiose Musik machen wie der Kollege Paul Simon. Ganz hat’s dafür nicht gereicht. 4,0 Vormals nie veröffentlicht, dokumentiert „The Carnegie Hall Concert June 18, 1971“ (Epic Legacy 485104 2) CAROLE KING auf dem ersten Höhepunkt ihres Weltruhms. Dir partner in crime war gegen Ende des Konzerts bei „You’ve Got A Friend“ und beim Medley der von ihr komponierten Shirelles/Drifters-Evergreens der Kollege James Taylor. Gut 70 Minuten Pop-Historie, die bisher unerfindlicherweise Verschlußsache geblieben war. 4,0
Rock-Historie ganz anderer Art dokumentiert das 2-CD-Set „Bosstown Sound – 1968/The Music & The Time“ (Big Beat Records CD-WIK2 167/TIS), nämlich jenes Dutzend Bostoner Bands, die damals viele nur deswegen als letzten Industrie-„Hype“ verachteten, weil sie gemäß der erfolgreicheren Blaupause (dem „San Francisco Sound“, der ja auch nur eine Erfindung von Kritikerpapst Ralph Gleason gewesen war) vermarktet wurden. Dabei ist in manchen Fällen – APPLE PIE MOTHERHOOD BAND und EARTH OPERA, vielleicht auch BEACON STREET UNION – eine Wiederentdekkung längst überfällig. Wieso es die beiden Elektra-LPs von Earth Opera nicht längst auf CD gibt, kapiere, wer kann. 4,0
Bei ihrem letzten Apple-Album „Ass“ (I.R.S. 8538992) demonstrierten BADFINGER eher Pop-Weltergewichtsklasse; aber deswegen wiesen diese als Hommage oder Parodie auf Cream, John Lennon, George Harrison und andere musizierten Ohrwürmer trotzdem einen nicht unbeträchtlichen Charme auf. Und der Bonus-Track hier („Do You Mind“) hätte das Zeug zu einem Hit für Frankie Miller gehabt! 2,5 Statt „Hits & Misses“ betitelten Diffoixl & Tilbrook die SQUEEZE-Retrospektive JExcesj Moderation“ (A & M 540 651-2/PMS-Import). Knapp und lakonisch kommentieren sie jeden der 40 Tracks. Insofern darf man ihnen auch glauben, wenn sie „Some Fantastic Place“ (Titelsong des 93er Albums) unisono als den besten und persönlichsten Song bezeichnen, den sie je geschrieben haben. Keine Einwände hier! 4,0
Einziges Manko der WARREN ZEVON-Retrospektive mit dem fabelhaften (Song-)Titel „l’ll Sleep When I’m Dead“: Sie bietet die ersten beiden von Jackson Browne produzierten Platten des großen „Werewolf of London“ nicht komplett. Weshalb der Untertitel des tollen Doppel-Sets (Rhino R 2 73510) denn auch nur „An Anthology“ lautet. Nur bietet die – manche entlegenen Raritäten inklusive dann doch den bislang besten Überblick über das Schaffen des Warten Zevon, nämlich Label-übergreifend! 4,5