Richard Rush-Color of the Night

Ab 8. Dezember.

Stanley Kubrick ließ bekanntlich viele Jahre verstreichen, bevor er wieder ein Filmprojekt in Angriff nahm. Regie-Genies können sich das leisten. Richard Rush gelang vor 14 Jahren mit „Der lange Tod des Stuntman Cameron“ zwar ein höchst eigenwilliger, aber sicherlich kein genialer Thriller. Und auf gar keinen Fall rechtfertigt sein neuer Film „Color Of The Night“ diese lange kreative Pause. Das Drehbuch scheint auf die Schnelle zusammengeschustert. Und der Stil der Inszenierung trägt eher die Handschrift eines mit dieser Aufgabe völlig überforderten Jungfilmers denn die eines sorgfältig arbeitenden Routiniers. Wer sich nach 14 Jahren nicht mit einem Meisterwerk, sondern einem Ärgernis zurückmeldet, gehört zur Abschreckung in L. A. ans ‚H‘ von Hollywood genagelt.

Bruce Willis spielt den Psychiater Bill Capa, der den Mord an einem mit ihm befreundeten Kollegen aufzuklären versucht. Der Doc hat schließlich studiert und findet deshalb schneller als die Polizei heraus, wo der Täter zu finden ist: nämlich in der fünfköpfigen Therapiegruppe des Toten. Capa übernimmt die Gruppe und versucht mit psychologischem Geschick, die Identität des Killers zu lüften. Diese Konstellation erinnert an einen Agatha-Christie-Krimi; doch letztendlich ist der Versuch, daraus Kapital zu schlagen – sprich: Spannung zu erzeugen – vergeblich.

Daß gerade im Thriller-Genre häufig kein besonderer Wert auf Logik gelegt wird, ist bekannt. In „Color Of The Night“ gehört das Fehlen plausibler Erklärungen jedoch offenbar zum dramaturgischen Prinzip. Die unerträglich klischeehafte Darstellung von Psychiatern und Patienten, ein omnipräsentes overacting und das bei Hitchcocks „Vertigo“ abgekupferte Finale treiben dem Zuschauer die Zornesröte ins Gesicht.

Rush und seine beiden Drehbuchautoren sind sich anscheinend über die Kläglichkeit des Plots im Klaren gewesen. Skandalträchtige Sex-Szenen sollten deshalb von den inhaltlichen Schwächen ablenken. Jane Marshs Anwesenheit dient denn auch einzig dazu, ihren Körper, befreit von allen Textilien, ins rechte Licht zu rücken.

Bruce Willis ließ sich da nicht lumpen und zeigt in der ungeschnittenen Version voller Stolz sein Gehänge. Weil die Produzenten jedoch eine Altersfreigabe erst ab 17 in den USA verhindern wollten, wurden die heißen Bett- und Wasserspiele radikal zusammengeschnitten. In Deutschland indes sind die sechs Minuten wieder eingefugt worden. Der „Director’s Cut“ stellt laut Rush keineswegs nur in erotischer Hinsicht den Status Quo wieder her: „Die ursprüngliche Fassung bietet mehr Stil, Dichte und Düsternis.“ In Wahrheit jedoch ist der Unterschied sehr viel kleiner und hängt zwischen den Beinen des Hauptdarstellers.

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