Robbie Williams – Life Thru A Lens :: EMI

Der Bengel ist in Erklärungsnot. Seit der Demission von Take That und dem folgenden Zerfall ist Robbie Williams der Sündenbock. Nein, er war niemals ein Tory – er schrie schon als Baby gegen Maggie. Nein, er ist nicht und war niemals ein Drogenabhängiger – „I’ve done a bit“, na gut. Nein, er war niemals ein Teenie-Plastik-Junge – Robbie rockte. Soweit die Apologie, März 1997.

Dann kam „Old Before I Die“, ein Klopfer, der John Lennon, man sagt wohl: belehnt, so gut ein 23jähriger das eben kann. Glaubt man Robbie, so erlebte er eine Art von Schreibexplosion und konnte sich gar nicht mehr halten. Für die Musik fand er Guy Chambers, ehemals World Party – aber die World Party war ja immer Karl Wallinger. Die Songs klingen auch danach. Robbie hat sich das so vorgestellt: „I wanted a bit Bowie, a bit Primal Scream, a bit Notorious B.I.G., a bit standing on tables and going Woooo-aaargh.“ Aus dem ersten und dem letzten ist etwas geworden, den Rest kann man vergessen. Vergessen hat er auf der Liste die Beatles und Oasis, Elton John und George Michael. Frivol, unverschämt – doch „Life Through A Lens“ funktioniert.

Vom programmatischen „Lazy Days“ über den schnittigen Britpop von „Life Through A Lens“ und das lärmend eiernde „Ego A Go Go“ samt Bläsern zur Elton-John-Ballade „Angels“: Robbie als Bauchrednerpuppe, keine Identität, viel Schwung. „Let Me Entertain You“ lautet das Motto, Dank an George Michael. Ein Zitatenschatz.

Der rührendste Moment ist das herzzrerreißend gereimte Gedicht „Hello Sir“, ein nur halbherzig versteckter hidden track. „Hello Sir, remember me?/ My name is Bob/ The one who entered the pop star’s job/ (…) And here I’m sitting first class/ Bollocks, Sir, kiss my ass.“ Robbies „The dream is over“. Nach den uninteressanten Alben seiner verachteten Kollegen Mark Owen und Gary Barlow ist dies der einzige gelungene Versuch einer Emanzipation. Seriös gesprochen. Anders formuliert: Pop, wie er sein muß. Helfen Sie Robbie Williams. Er braucht uns.

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