Roger Manning – Roger Manning :: Moll 10/EFA 12110-2
Der Mann ist in einer Hinsicht von der ganz sparsamen Sorte. Nennt seine Platten diese hier ist seine dritte – einfach nur „Roger Manning“ und nimmt gern à la Kollege Michael Hurley im Schlafzimmer auf. Und leicht verschroben ist er auch, denn seine Plattenfirma darf ihm laut Vertrag nicht das Attribut „Folk“ verpassen, in welcher Kombination auch immer. Nein, Roger Manning nennt sich selbst einen Rock ’n‘ Roller, was diese Stilrichtung in einem völlig neuen, ungeahnten Licht erscheinen läßt, zumal obendrein jeder der 14 Titel die Vokabel „Blues“ im Namen trägt Gleich fünf Versionen spielt er vom „Hitchhiker Blues“. Das Leben ohne eigenes Auto hat existentielle Spuren hinterlassen.
Die Betreiber des Hamburger Labels „Moll“ entdeckten Manning 1994 beim SXSW-Festival in Texas. Dort wurde er nach der Zugabe von einem Knaben begleitet, den die Welt heute als Beck kennt. Gemeinsam produzierten sie ein Feedback-Inferno, das gut eine Viertelstunde währte. Hernach, so die Legende, unterbreiteten die fassungslosen deutschen Zuhörer Roger Manning einen Plattenvertrag. Auch sein junger Freund fand bald darauf potente Förderer. Bescheiden produzierte Manning sein drittes Album – die beiden Vorgänger erschienen auf SST und Shimmy Disc nur in den USA – mit vier Freunden im eigenen Heim. Und nur das DAT-Tape war Zeuge bei diesen Sessions.
In anderer Hinsicht hingegen ist Roger Manning alles andere als sparsam. Dann nämlich, wenn es um seine Lyrics geht Da brechen die Assoziationen, die Bilder und Phantasmagorien nur so aus ihm heraus. Dann mochte er mal ein movie sein, mal ein poet girl, und am allerliebsten ist er sowieso mit dem Auto unterwegs. Zu schrummelnder Akustik-Gitarre sowie Baß und Schlagzeug entwirft er mit näselnder Stimme ein abgedrehtes Road-Movie nach dem anderen. Und sowieso: „It’s all Neal Cassidy’s fault“ („The Rear View Mirror Blues“).
Musikalisch kocht Manning eher auf Sparflamme (was keinesfalls abwertend gemeint ist), doch wenn’s ans Erzählen geht, dann wird der Mann zum Tom Coraghessan Boyle. Oder mal so gesagt: Roger Manning verhält sich etwa zu Jackson Browne wie Richard Linklater zu Wim Wenders. Denn merke: Einen Wim-Wenders-Film mindestens der altmeisterlichen Phase – zu sehen, ist wie Farbe beim Trocknen zuzuschauen.