Roots
Elvin Bishop – That’s My Partner (Alligator/Edel Contraire)
Wer weiß schon, wo der junge weiße Spacken aus Tulsa, Oklahoma musikalisch gelandet wäre, wenn er in Chicago nicht diesem schwarzen Enthusiasten über den Weg gelaufen wäre, der gerade sein Engagement bei einem gewissen Howlin‘ Wolf beendet hatte und nun selbst Leitwolf spielen wollte? „Elvin? Wollte dieses Johnny-Cash-Zeugs spielen“, erinnert sich Mr. Smothers an ihre erste Begegnung Anfang der 60er Jahre. „Aber ich sagte ihm: Lass Johnny Cash sein, wir müssen Blues spielen!“ Und so geschah es. Fast 40 Jahre später trafen sich Mentor und Schüler zur Live-Reunion in einem Club in San Francisco, um… genau: Blues zu spielen. Blues, der eher vom schieren und fast durchweg greifbaren Excitement der Wiederbegegnung lebt als von Repertoire-Überraschungen oder kompositorischen Finessen, von zwei Gitarristen, die sich immer noch gern überraschen wollen, auch von einem schön-schrägen Bläser-Duo. Ach, wären doch andere Partnerschaften auch so problemlos zu revitalisieren…
3,5
Grazy Chris Kramer Journey – Journey (Blow Till Midnight Rec/Koch)
Nanu, wer winkt denn da? Das ist doch… Genau: Das ist Helge Schneider! Der spielt hier nicht nur Klavier, Akkordeon und vor allem eine echt töfte Hammond-Orgel, sondern stellte als Co-Produzent auch gleich noch seine Gemächer als Studio zur Verfügung. Illustre Namen wie Pete York (Drums), Colin Hodgkinson (Bass) und Albie „Supercharge“ Donnelly (Sax) begleiten den Mundharmonika-Mann Kramer auf einem 12-Song-Trip, der die Blues-Rock/Country-Konventionen seines Instruments des öfteren lässig links liegen lässt. Der „Karneval de la Alegria“ und ein Bossa („When You Gotta Leave“) liegen da plötzlich ebenso in Reichweite wie indischer Raga („Good Morning In Calcutta“) und ein bisschen viel Daddeldu. Wohnzimmer ruft Welt.
Und die ruft manchmal sogar zurück. Was Wunder, dass die Beteiligten am Ende ziemlich aufgekratzt zur „Fun(k)time“ antraten.3,0
Lee Ann Womack – I Hope You Dance (MCA Nashville /Umis)
Als „traditionelle Nonkonformistin“ (so das Bi-Monthly „Country Music“) wird die stolze Texanerin angepriesen. Was das vermeintliche Paradox konkret bedeutet? Dem Ansinnen ihrer neuen Firma, sie nach turbulentem Karriere-Knick (wegen: Scheidung, Schwangerschaft, Decca-Labelpleite) schon in der Songauswahl-Phase mit „This Kiss“-Duplikanten auf die Crossover-Schiene a la Faith Hill zu setzen, widerstand Womack zwar, und die Kotaus vor dem Country-Radio („After I Fall“) fallen vergleichsweise erträglich aus. Und wenn sie Klassisches von Rodney Crowell („Ashes By Now“) wiederbelebt, im jüngeren Repertoire von Bruce Robison („Lonely Too“) und – gleich zweimal -Julie & Buddy Miller fündig wird, oder vor allem rootsig zwischen Bluegrass und Gospel vermittelt („Lord I Hope This Day Is Good“), erfüllt sich partiell sogar das schöne Versprechen, sie könne die gewiss zierlichen und doch so gewaltigen Fußstapfen von Dolly P. füllen. Und dennoch: Wenn dann schon im letzten Drittel des Albums plötzlich in „Does My Ring Burn Your Finger“ Buddy Miller seine schneidende Country-Soul-Stimme als zweite erhebt, wird die Ahnung zur Gewissheit, dass Lee Ann Womack noch ganz andere Platten machen könnte als diese insgesamt solide Reife-Übung. Vielleicht, wenn die Business-Suiten des großen Nashville den traditionellen Nonkonformismus endgültig in die zweite Reihe abgeschoben haben. 3,0
Ed Burleson – MyPerfect World (Evangeline/Edel Contraire)
Auch er ging zu früh, der gute Doug Sahm. Doch bevor er ging, machte er sich als Mentor und (Co-)Autor noch um diesen jungen Mann mit Mondgesicht verdient, der mit einem größeren Budget für die Garderobe auch als Dutzend-Hat-Act in Nashville durchgehen würde. Doch da will die Pausbacke nicht hin. Da gehört er auch nicht hin mit zehn runden Songs. 3,0