Shivaree – Rough Dreams: Bereits das zweite Album – nun ist die Song-Kunst nicht zu ignorieren :: EMI

Sie wissen gern, woran sie sind? Sie lieben ja klare Statements? Nicht weiterlesen! Setzten die Kalifornier von Shivaree mit ihrem Debütalbum noch genug deutliche Zeichen, um unter der Rubrik „New Country“ eingeordnet zu werden, ist es mit solch simpler Zuordnung jetzt vorbei. Auf „Rough Dreams“ träumen Ambrosia Parsley, Duke McVinnie und Danny McGough zwölf ganz unterschiedliche Träume und entwerfen eine Pop-Charade, die so vielfältig und stilsicher lange nicht zu hören war.

Am Anfang vermengt „Gone Too Far“ so famos zeitlupenhaften Jazz und britische TripHop-Grazie, dass selbst Alison Goldfrapp hinhören wird. Das luftig swingende „All Because You Told Me To“ ist ein leicht verzerrter Blick auf die filmischen Glückskekse, mit denen einst Doris Day US-Amerika beruhigte, und der Cyber-Rock von „Thundercats“ hat jenen Sex und coolen Swing, dem Garbage immer erfolglos hinterherlaufen.

Wie das alles klingt! Shivaree haben ihre Tonbänder rundherum die USA in einen ganzen Sack voll Studios zu einem ganzen Sack voll Tonkönner getragen und so mit Stateof-the-art-Programmierungen, astreinen Orchestrierungen sowie toll dekonstruierten Band-Korsetts ihrem Album bei aller stilistischen Verwirrung ein einheitliches Design geschenkt.

Aber ich schweife ab: Die erste Single, „John 2/14“, ist ein zuckersüßer Tango mit Agenten-Gitarren und kleinem Streicher-Ensemble. Parsley singt „I guess it’s just the perfect time to send some roses“, und wir nehmen dankend an. Diese Stimme! Das Beiblatt schlägt vor, Ambrosia Parsley irgendwo zwischen Patsy Cline, Marilyn Monroe und Sheryl Crow anzusiedeln. Wie auch immer: Parsley kann gleichzeitig lasziv und melancholisch, naiv und diabolisch sein, und ihre verführend süßliche, an Jazz und Pop gleichermaßen geschulte Stimme löst all die von der Musik gemachten Versprechen vollständig ein.

Am Schluss steht das kaputt holpernde „Flycatcher“, das mit seltsamen Klängen und zerkratzten Oberflächen wohl Tom Waits seine Aufwartung machen soll. Mehr als ein Zitat kann das nicht sein – wenn man überall wohnt, ist man nirgends zu Hause.

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