Snoop Dogg – Tha Blue Carpet Treatment
Drei Rapper, drei Rollen – und Snoop rettet die Gangsta-Ehre Die da oben – das sind die Gangsta! Müssen HipHopper eigentlich ihre Jahresgehälter angeben? Es ist jedenfalls ein echtes ästhetisches Problem, wenn ehemalige Crack-Dealer plötzlich so viel verdienen, dass sie es sich durchaus leisten können, das Crack selbst zu behalten, wenn sie schon welches haben. Jay-Z hat das Dilemma absolut brillant gelöst (siehe Rezension weiter vorne). Was machen die anderen?
Eminem präsentiert „The Re-Up“, eine Gemeinschaftsarbeit aller Rapper, die er bei seiner Firma Shady Records unter Vertrag hat. Angeblich sei dieses Mixtape nicht als reguläre CD, sondern nur als Low-Budget-Promo geplant gewesen – das würde erklären, warum der Hörwert für Schattenparker wie uns so gering ist. Typische Mafia-Kitsch-Beats mit großer Kirchenorgelei, ständig wird jemand erschossen. Den einzigen bemerkenswerten Track, „Jimmy Crack Com“, machen Eminem und 50 Cent zusammen, ein tolles Eulenspiegel-Stück mit Mais und Hundekacke. Und Neuling Stat Quo hat ähnliche Nase-Polypen wie Jan Delay. Eminem ist ganz weit unten mit seinen Leuten. (2)
Auch unser Freund Sido aus Berlin enttäuscht eher. Seine erste Platte war ein so erfrischender, weithin hörbarer Bruch mit der Assi-Rap-Konvention, dass es umso mehr schmerzt, wenn er auf „Ich“ dem Pimp-Pathos einige Male bös in die Falle tappt – am schlimmsten bei „Ein Teil von mir“, in dem er sich mit dem unehelichen Sohn versöhnt. Schönste Zeile, aus dem Hass-Lied gegen Sarah Kuttner: „Du Nutte bist ’ne Hure!“ Besonders haarsträubend: die Beiträge seiner Gast-Rapper. An der Bürde, im Namen des deutschen HipHop Frieden mit alten Feinden zu machen, trägt Sido schwer, aber überraschenderweise gelingen ihm auf der Premium-Bonus-CD einige ganz fantastische Tracks. (2,5)
Der alte Snoop Dogg muss die Sache retten. „Immer wenn ich eine neue Platte mache, schlüpfe ich in meine Rolle…“, sagt er am Anfang von „Tha Blue Carpet Treatment“, und das wiegt ein paar der ungezählten Pistolenkämpfe und Blowjobs auf, die einem im Lauf von 21 Tracks ins Gesicht fliegen. Die ungeheure Schmierigkeit der Stimme, das relaxt Verdorbene dieses Typen macht den Unterschied: Snoop sorgt sich wenigstens darum, dass selbst der abgeschmackteste Gangsta-Mist unterhaltsam gerät. Und dass auch die Popfreunde was davon haben. „Doncha wish your boyfriend was a gangster like me?“ rappt er, kurz bevor das Duett mit Stevie Wonder kommt. Sorry, aber: Das ist fürwahr cool.