Steinbruch Kurzbesprechungen

Ihr Debüt „Expecting To Fly“ liegt noch nicht lange zurück, aber die BLUETONES legen schon ein Mini-Album mit sechs neuen Songs vor. „Are You Blue Or Are You Blind?“ (Polydor) hat wiederum die schwärmerischen Twingle-Twangle-Qualitäten samt Sechziger-Nostalgie (Stichwort „Rickenbacker-Universum“) und hoher Redundanzrate – aber auch tollem Schmachtfaktor! 3,0

Archaischer Folksong und feinsinniges Kunstlied, frankokanadische Mystik und angloamerikanische Bodenständigkeit, elegische Hingabe und erschrockene Reflexion, frivoler Humor und unverhohlene Trauer: In den magischen Harmonies von KATE & ANNA MCGARRIGLE verschmilzt scheinbar Gegensätzliches zu einem großen Ganzen, das mehr ist als die bloße Summe seiner Teile. Bestenfalls alle fünf bis sechs Jahre warten die Schwestern aus Quebec mit einem neuen Oeuvre auf: Auch „Matapedia“(Rykodisc/RTD) lohnt das Warten. Reichlich. 4,0

Okay sind SPARKLEHORSE aus Virginia, deren Debüt-Album „Vivadixiesubmarinetransmissionsplot“ (Capitol/EMI) zwischen cleverem Slacker-Rock und märchenhaften Folk-Rock-Balladen laviert. Mastermind Mark Linkous erweist sich als ideenreicher Songwriter, der jedoch wenig Vertrauen in seine Kreationen setzt, sonst würde er souveräner arrangieren und auf diverse Produktionsmätzchen verzichten. 2,5

Einen überraschenden Wandel zu Radio-Kompatibilität haben die OBLIVION SEEKERS vollzogen, die sich auf „Snake Eyes“ (Tim Kerr) konsequent abseits halten vom rauhen, galoppierenden Cactus-Country ihrer Anfänge, und Zuflucht suchen im sicheren Umfeld von Mitsing-Melodien und berechenbaren Guitar-Breaks. 2,5

Wenige Töne und größtmöglicher Druck. SURROGAT sind die Meister der Aussparung. Auf „Soul“ (Kitty-Yo/Indigo), ihrem zweiten Werk, treibt die Berliner Soul-Core-Formation die Reduktion zur Perfektion. Manchmal sind ihre Lieder so mächtig wie die der Melvins, manchmal so melancholisch wie die von Codeine. Sehr schön. 4,0

Die werden immer besser, diese ASS PONYS: Mit ebenso fragiler wie unerschütterlicher Präsenz fuhrt Sänger Chuck Cleaver das Quartett aus Ohio mit dem zweiten Major-Album „The Known Universe“ (IMS) wieder auf allerlei skurrile und unheimliche Schauplätze eines bigotten Small-Town-Alltags. Seine Texte machen extrem neugierig: Aber dann schrickt man fast davor zurück, es genauer wissen zu wollen. Co-Produzent John Curley (Afghan Whigs) fing den flink arrangierten College-Rock für alle, die das Wort „alternative“ hassen, ohne Umschweife ein. 4,0

Entgegen scheußlichem Cover und Gruppen-Namen legen GOTA & THE LOW DOG mit „Live Wired Electro“ (SPV) ein warmes Pop’n‘ Soul-Album vor. Gota Yashiki programmiert seine Sounds, drumherum aber wird traditionell gespielt, und die obligatorische Internet-Adresse droht unnütz. 2,5

Unterhaltsamer Trash-Pop aus Berlin: OOF! sind vergnüglicher als Die Doofen und lässiger als Die Sterne und traktieren auf „Na, wie war ich?“ (eastwest) die Achselhöhle und das Nabelloch, das Völlegefühl und das weiße Rauschen. Titel wie „Irgendwas mit Heinz“, „Irgendwas mit Holz“ und „Perry Rhodans Duell auf dem Saturn“ sind läppisch, aber lustig, und die Musik poppt. Michaela grüßt Barbara. 3,0

Orchestral, folkloristisch und emphatisch, manchmal zu nah an k. d. langs „Ingénue“ und Elvis Costellos „King Of America“ geriet das Solo-Album der ehemaligen Fairground Attraction-Sängerin EDDIE READER. Dennoch: Auf „Candyfloss And Mediane“ (WEA) dominieren schöne Stimme, getragene Stimmung, ausgefeilte Songs und eine wunderbare Fassung von Dimitri Tiomkins „Town Without Pity“. 3,0

Das leichteste Ziel im Musikschaffen von Vergangenheit & Gegenwart: der alte, arme, jenseitige MIKE OLDFIELD. Es tut einem nur noch leid, wie der Spaceman gar nicht mehr anders kann und auf „The Voyager“ (WEA) das All und die Frauen von Irland bedudelt. Out ofanother world. 1,0

Softcore mit „Danger Girl BETTY PAGE; Burlesque Music“ (QJD JC Media/Normal): Das erstaunliche Pin-up-Mädchen der Fünfziger ist, gesund und strahlend, im Booklet zu betrachten (so keck und unschuldig trotz Peitsche!), die Orchestermusik dazu ebenso harm- und sorglos. Eine naive Wonne, 3,0

Endlich wieder „Teenage Angst“: PLACEBO dekonstruieren mit gezügeltem Wahnsinn gegen den Noelrock an. London gegen Manchester! Auf seinem Debüt-Album (Virgin) gelingt dem Trio verspielter Popismus, wie ihn früher die Pixies beherrschten. „Bruise Pristine serene/ We were born to lose.“ 3,0

Die fixe Idee allein, wie Blood, Sweat & Tears oder Tower Of Power klingen zu wollen, reicht nun mal nicht. Mögen auch die sechs Bläser sowie die Rhythmussektion von SCHLUFF JULL in puncto Handwerk durchaus kompetent klingen, der Herr Sänger richtet’s mit Pidgin-Englisch und Geknödele Stück für Stück zugrunde. Und auf die Idee, mit „Htartlines“ (Taxim) live zu debütieren, kommen wohl nur die Jecken vom linken Niederrhein. Schluff Juli stammen aus Viersen und sollten ihrem „Shouter“ vor der nächsten LP dringend einen Englisch-Intensivkurs verordnen! 2,0

Bear Family Records ist eine erste Adresse für die digitale Drittverwertung klassischer C & W-Aufnahmen wie krassen Schlagerkrams, und wer sich Musik gern mit der großen silbernen Schöpfkelle verabreicht, kommt an ihren protzigen CD-Kisten kaum vorbei. Seit James Intvelds formidabler Debüt-LP vom letzten Jahr betreiben die Bären nun wieder Brutpflege: Wie Intveld läßt man auch dem Rock ’n‘ Roll-Quartett VELVETONE Klangwärme zukommen, stilecht im lOinch-Format Nick Lowes „Without Love“ kennt man bereits in der schnittigeren Fasson von Johnny Cash, aber die Vfelvetone-Fassung von Marty Wildes „Bad Boy“ hat Klasse, und auch die restlichen Tracks können sich hören lassen. 3,0

Während Ween den Geist der Country Music aufs eleganteste, weil immanent hintertreiben, kippen die COUNTRY TEASERS mit „Satan h Real Again“ (Crypt/EFA) eine halbe Tonne Unflat drauf und kranke, verstörte Twangs. Und doch glitzert zwischen den Fäkal-Injurien etwas, das Humor sein könnte. 2,0

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates